Licht für Gesundheit

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ÜBERLEGUNGEN ZU EINEM NEUEN „LIGHTING CODE“


Ausgangspunkt jeder Überlegung ist ein geeignetes Wahrnehmungsmodell.

Durch Sinneseindrücke und -erfahrungen aus dem Ambiente wird der Mensch körperlich und geistig geprägt. Das Ergebnis dieser Prägung bezeichnet man als seine Persönlichkeit. So entsteht im Laufe des Lebens die „Sicht der Welt“ jedes einzelnen Menschen. Sie bildet dann die Grundlage für sein Handeln und Verhalten. Das Formen der Wahrnehmung ist ein lebenslanger Prozeß.

einfluesse

Die prägenden Faktoren des Ambientes sind die Gesellschaft und deren Kultur, die Geographie des Ortes, dessen Klima, Fauna und Flora sowie das durch den Menschen gestaltete Ambiente wie z. B. die Architektur und Landschaft.

Bestimmend für seine Vorstellung über das Licht sind besonders der ständige Wechsel von Tag und Nacht, von Sommer und Winter sowie die spezifischen Eigenschaften des Sonnenlichtes. Das Sonnenlicht jedes Ortes wird ganz wesentlich durch die geographische Breite und Klimazone bestimmt. Die Prägung beim Menschen zeigt sich in seinem Biorhythmus. Die Prägung eines Menschen legt die Kausalbeziehung zwischen Ambiente und seinem Verhalten fest.

Neben diesen allgemeinen Faktoren, die für alle Menschen einer bestimmten Kultur und Gesellschaft gelten, sind auch individuelle, persönliche Faktoren bestimmend wie der Einfluß der Familie und die Erziehung und Ausbildung, die jeder Mensch genossen hat. Auch die Stellung in der Gesellschaft und die der Eltern beeinflussen Persönlichkeit, Charakter und Seele.

In der Entwicklung eines jeden Menschen werden zuerst die Dinge gelernt, die elementar wichtig für das Überleben in einem Ambiente sind. So lernt man in den ersten drei Jahren alle Voraussetzungen für ein sicheres Bewegen in der Umwelt. Dazu sind neben den motorischen Voraussetzungen Gleichgewichtsgefühl und Koordination notwendig und besonders das Erkennen des Raumes, seiner Dimensionen und das Verhalten sowie die Eigenschaften der Körper und Gegenstände (die Gesetze der Wahrnehmungskonstanz).

Besonders wichtig ist das Erlernen der Sprache, um eine differenzierte Kommunikation mit den Mitmenschen zu ermöglichen.

Mit Erreichen des 6. Lebensjahres sind die wesentlichen Eigenschaften der menschlichen Wahrnehmung geformt. Im weiteren wird die Wahrnehmung verfeinert und vertieft. Im Alter von 6 Jahren  sind die wesentlichen Bewertungsmaßstäbe für Licht festgelegt, und sie sind geprägt durch die Erfahrung mit dem allgegenwärtigen Sonnenlicht. Besonders die Wahrnehmung von Raum und Zeit ist fast ausschließlich durch die Wahrnehmungserfahrung mit dem Sonnenlicht bestimmt.

Die aktuellen Sinneseindrücke aus dem Ambiente und die im Leben gemachten Wahrnehmungserfahrungen bestimmen das Verhalten und Agieren der Menschen

Handeln

Besonders das Kurzzeitgedächtnis (Sekunden und Minuten) berücksichtigt kurz vorher gemachte Wahr­nehmungserfahrungen und wirkt sich so ebenfalls auf das Verhalten und Handeln des Menschen aus. Dies bedeutet, daß selbst Sinneseindrücke, die vor wenigen Sekunden oder Minuten gemacht wurden, die Wahrnehmung verändern können und damit das Reagieren auf neue Sinnesreize.

Diese Eigenschaft der Wahrnehmung hat ganz erheblichen Einfluß auf Experimente mit menschlichen Versuchspersonen. Man kann davon ausgehen, daß jede Versuchsperson am Ende eines Versuches, unabhängig davon wie kurz oder lang er ist, eine andere Wahrnehmung hat als zu Beginn. Daher ist die Forschungsmethodik der Naturwissenschaften (Determinismus) auf den Menschen nicht anwendbar. Lediglich Eigenschaften der Sinnesorgane wie z. B. die Hell- und Kontrastempfindlichkeit sowie Eigenschaften, die über längere Zeit konstant sind, sind dieser Forschungsmethode zugänglich.

Die Wahrnehmungserfahrungen des Menschen bildet die Grundlage für die Bedürfnisse und Wünsche, die ein Mensch an ein angenehmes und lebenswertes Ambiente stellt.

Schalenmodelskaliert

Aus diesen Wahrnehmungserfahrungen leiten sich die Forderungen an die Gestaltung von Ambiente und Licht ab. Die sogenannten HUMAN NEEDS sind daher Bedürfnisse, die für das Wohlbefinden von Körper und Geist jedes Menschen notwendig sind.

Persönlicher Wunsch nach

1.            Orientierung in Raum und Zeit (Genius loci, Kultur, Tradition, Zeitgeist, Biorhythmus)

Jeder Mensch erwartet ein solches Ambiente wie das, das ihn körperlich und geistig geprägt hat. Ein solches ist ihm vertraut, und er fühlt sich darin sicher und wohl. Selbstverständlich wünscht er sich nur die Seiten des Ambientes, die er als angenehm erfahren hat. Beim Licht bedeutet dies, daß er sich im Wesentlichen das Tageslicht vorstellt und dabei besonders den stetigen Rhythmus von Tag und Nacht sowie Jahreszeiten und Wetter. Dieser Rhythmus hat den Menschen auch körperlich geprägt, so daß auf vielerlei Weise sein Körper und seine Wahrnehmung von diesem Rhythmus abhängen und ein Abweichen davon zu erheblichen gesundheitlichen Schäden führen kann. Das heißt, der Mensch ist zum einen auf den zeitlichen Ablauf des Tageslichtes und zum anderen auf eine ausreichende Dosis des Sonnenlichtes angewiesen (Biorhythmus, zirkadiane Rhythmik, SAD, Melatonin, Vitamin D). Selbstverständlich muß er nicht nur körperlich, sondern auch psychologisch (geistig) mit der vorgenannten Rhythmik (Ausblick aus Fenstern und Oberlichtern) verbunden sein.

Vorstellung über Funktionalität, Ästhetik usw.

2.            Privatheit und Kommunikation

Da der Mensch besonders durch seine sozialen Kontakte und seine Gruppenzugehörigkeit zu dem geworden ist, was wir heute als typische Eigenschaft des Homo Sapiens ansehen, ist er auf Kommunikation mit seinen Mitmenschen angewiesen. Diese Kommunikation bewegt sich hauptsächlich auf der Ebene der Sprachverständigung von Angesicht zu Angesicht. Außerdem muß auch respektiert werden, daß er nicht zu jeder Zeit den Wunsch nach Kommunikation mit Mitmenschen hat, sondern sich ab und zu zur eigenen Besinnung und Erholung zurückziehen möchte (Privatheit).

3.            Information und Aufklärung (Vertrautheit)

Wenn der Mensch in ein neues, nicht bekanntes Ambiente kommt oder ein ihm vertrautes Ambiente sich im Vergleich zu seiner Erfahrung erheblich verändert hat, so bedarf es einer Information über die Veränderungen bzw. die notwendigen Konsequenzen im Vergleich zu einem vertrauten Ambiente. Falls dieses Bedürfnis entsprechend der Bedeutung nicht unmittelbar erfüllt wird, kann es zu erheblicher Verunsicherung, Angst bis hin zur Panik führen.

4.            Abwechslung und Überraschung (keine Monotonie)

Alle Sinnesreize, auch die auffälligen und störenden, verlieren mit der Zeit ihre Wirkung, wenn sie sich in regelmäßiger Folge wiederholen. Diese Eigenschaft der Wahrnehmung ist notwendig, um nicht durch Reizüberflutung die weitere  Wahrnehmungsfähigkeit zu blockieren. Deshalb wünscht der Mensch in gewissen Abständen Abwechslung in seinem gewohnten Ambiente.

Da die Einflußfaktoren, die die Qualität von Ambiente und Licht bestimmen, sehr vielfältig sind, ist es für die Erarbeitung eines Lighting Codes notwendig, die wesentlichen Einflußfaktoren zu berücksichtigen. Außerdem müssen die Einflußfaktoren gewählt werden, die die „richtige“ Beziehung zwischen dem wahrgenommenen Ambiente und dem Weltbild des Nutzers herstellen.

Die „Richtigkeit“ der Einflußfaktoren kann auf viererlei Weise überprüft werden. Dabei ist unter Überprüfung zu verstehen, daß die Einflußgrößen und ihre Beziehung zur Lichtqualität auf Widerspruchsfreiheit mit den durch die Wahrnehmung feststellbaren Beziehungen zu überprüfen sind. Die für die Einflußgrößen gewählten sprachlichen Begriffe müssen

1.            die „richtige“ Semantik,

2.            die „richtige“ Kausalität

haben. Dies heißt, daß sie eine in der Umgangssprache allgemein verbindliche und für jeden Menschen wahrnehmbare Bedeutung haben und ihre Beziehung zur Lichtqualität für jeden Menschen durch seine Wahrnehmung nachvollziehbar ist.

Außerdem müssen die Einflußgrößen

3.            unabhängig voneinander und

4.            vollständig

sein. Letzteres ist besonders bei der Multifaktoranalyse zu berücksichtigen. Die Multifaktoranalyse liefert keine Kausalitätsüberprüfung und daher müssen besonders 1. und 2.  durch sorgfältige Überprüfung der Widerspruchsfreiheit sichergestellt sein. Bei jeder Art von Untersuchung (Feld ebenso wie Labor) muß zunächst einmal ein Modell erstellt werden, welches die Abhängigkeit der Einflußfaktoren zur Lichtqualität widerspruchsfrei wiedergibt und bei dem die Einflußfaktoren die o. g. vier Bedingungen erfüllen. Erst dann kann durch geeignete Befragungsverfahren eine Skalierung der Abhängigkeit durchgeführt werden. Die Auswertung eines umfangreichen Datenmaterials ohne das Wissen der richtigen Abhängigkeiten (Kausalität) der Größen untereinander führt leicht zu Fehlinterpretationen der Versuchsergebnisse. D. h., man muß die richtigen kausalen Beziehungen vor Versuchsbeginn kennen.

Die o. g. Voraussetzungen werden durch Größen, die der Wahrnehmung zugänglich sind, erfüllt.

Wahrnehmungsgrößen beschreiben das Ambiente aus der Sicht des Betrachters, während alle Größen wie z. B. photometrische und physikalische es aus der Position der dritten Person beschreiben. Die beiden Beschreibungen können sich zum Teil erheblich unterscheiden und dadurch kommt es zu Fehlentscheidungen. Die Ich-Position ist die Grundlage aller Entscheidungen für den Menschen. Nur in besonderen Fällen sind die Schlüsse aus den beiden Positionen identisch. Wenn wir Lichtqualität für den Nutzer formulieren wollen, so dürfen wir auch nur Größen benutzen, die aus seiner Perspektive wahrgenommen werden können und damit die Grundlage für seine Entscheidungen bilden.

Gegen alle der obigen Voraussetzungen verstoßen die in den bisher existierenden  Lighting Codes benutzten Größen. Photometrische und physikalische Größen sind „per definitionem“ nicht unab­hängig und daher für eine Beschreibung der Lichtqualität nicht geeignet.

ALLGEMEINE UND SPEZIELLE ANFORDERUNGEN AN DAS AMBIENTE .
LICHT IST ALS TEIL DES AMBIENTES ZU VERSTEHEN
HUMAN NEEDS
GEMÄSS
8 GEBOTEN GUTER LICHTGESTALTUNG
GEMÄSS
HUMAN NEEDS
GEMÄSS
DESIGN ISSUES DES IES LIGHTING CODE
GEMÄSS
DIN 5034 UND 5035

Im IES-Code haben Wirtschaftlichkeit, Kosten, Maintenance sowie Visibility keine kausale Beziehung zur Lichtqualität. Die DIN 5034 und 5035 enthalten ebenfalls die falsche Kausalität, weil gutes Licht nicht nur durch gute Erkennbarkeit gekennzeichnet ist. Falls wir bei einem Lighting Code obige Aspekte nicht beachten, wird es weiterhin eine zweigeteilte Lichtwelt geben; hier Techniker – dort Gestalter.

Ein Lighting Code muß

das schöne und das Arbeitslicht, das natürliche und das künstliche Licht sowie die Einflüsse auf Körper und Geist berücksichtigen, d. h. er muß die physiologischen, psychologischen und emotionalen Wirkungen des Lichtes beinhalten.



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One comment on “ÜBERLEGUNGEN ZU EINEM NEUEN „LIGHTING CODE“

[…] Wer von Gutem Licht ohne Bezug auf eine Anwendung spricht, spricht nicht von Qualität, sondern von der Beschaffenheit. Eine Beleuchtung kann viele Merkmale aufweisen, die den Benutzer überhaupt nichts angehen, aber trotzdem wichtig sein können. So hatten z.B. die Lampen, die in Hotels eingesetzt wurden, die doppelte Lebensdauer der üblichen Allgebrauchslampen. Der Hotelgast merkt nichts davon. Denn die Anforderung, dass die Lampe wenig Wartung benötigt, ist für das Hotelmanagement interessant. Es kann also mehrere Qualitäten geben. Dies hatte ein Kollege schon vor 20 Jahren thematisiert in CyberLux (hier). Wie man zu einer Lichtqualität auf der Basis menschlicher Bedürfnisse kommen kann, hat Heinrich Kramer auch damals dargelegt (hier) […]

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