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Abschied von der Gleichmäßigkeit


Autor

Ahmet Cakir

Kurzfassung

In der Beleuchtungstechnik ist es üblich von der „Gleichmäßigkeit“ zu sprechen, wenn es um Ungleichmäßigkeiten geht. Dieser Beitrag zeigt, dass die übliche Praxis, bei der man Beleuchtungsstärken über einen ganzen Raum mittelt und für die Ungleichmäßigkeit einen Wert (g2) angibt, nicht nur wenig Sinn macht, weil höhere Beleuchtungsstärken anderswo im Gesichtsfeld als auf der Sehaufgabe das Sehen eher stören als fördern.

Besonders eklatant ist das Problem bei der Direktbeleuchtung, weil die einst wie heute verwendeten Leuchten die falsche Lichtstärkeverteilung für die empfohlene Anordnung von Arbeitsplatz und Leuchtenreihen aufweisen. Dadurch fließt der größere Teil des Lichts bei „optimaler“ Anordnung nicht auf die Sehaufgabe, sondern eher daneben. Zudem ist die Beleuchtungsstärke auf dem Arbeitstisch falsch verteilt, weil sich die Sehaufgabe an der dunkelsten Stelle befindet. Wenn man die empfohlene Anordnung zwischen Leuchten und Arbeitsplätzen nicht einhalten kann, ist die Beleuchtungsstärkeverteilung auf dem Arbeitstisch ebenfalls ungleichmäßig, allerdings auf jedem Tisch anders.

Es wird empfohlen, nur bei einer Allgemeinbeleuchtung von Gleichmäßigkeit zu sprechen. Allerdings kann eine Allgemeinbeleuchtung nur mit Indirekbeleuchtung realisiert werden. Ansonsten wird empfohlen, für Arbeitsplätze die „Ausleuchtung“ zu berücksichtigen und nicht die Gleichmäßigkeit. Hierbei muss aber auch der Maximalwert begrenzt werden.

Beitrag

Gegenstand

Die Gleichmäßigkeit ist eine der lichttechnischen Größen, über die kaum diskutiert wird. Man lernt sie in der Vorlesung und legt sie wieder weg, weil sie halt als eine mathematische Größe erscheint, eine notwendige dazu. Denn man kann weder Leuchtdichten noch Beleuchtungsstärken vollkommen gleichmäßig realisieren. Also? Man berechnet einen Mittelwert und eine Gleichmäßigkeit dazu.

Bereits hier hört die Gemeinsamkeit mit der Mathematik und Statistik auf, denn die Lichttechnik benutzt ein anderes Maß – eigentlich sind es zwei. In der Statistik berechnet man, wenn man einen Mittelwert ermitteln muss, die Streuung der Einzelwerte um diesen, in der Regel die Standardabweichung. Wenn man Zweifel daran hat, ob diese Werte Sinn machen, nimmt man andere Maße, z.B. den Median. Dieser ist derjenige Wert, von dem aus gesehen gleich viele höhere und kleinere Werte vorliegen. Wenn man die Beleuchtungsstärke in einem Raum danach charakterisieren wollte, würde man schreiben,  der Median betrüge 530 lx, an 70% der Messpunkte lägen geringere Werte vor.

In der Lichttechnik benutzt man die Größe „Gleichmäßigkeit“, und zwar zwei verschiedene Definitionen für zwei unterschiedliche Zwecke.

g1 = Verhältnis des kleinsten Wertes zum Mittelwert
g2 = Verhältnis des kleinsten Wertes zum größten

(Anm.: Die beiden Größen heißen jetzt anders, was aber dieser Abhandlung keine Probleme bereitet.)

Man benutzt g2 für eine Ausleuchtung, was verständlich scheint, denn man leuchtet Gegenstände, Gemälde oder Leinwände möglichst so aus, dass alle Stellen gleich behandelt werden. Will man z.B. eine Optik für einen Projektor bewerten, kommt es primär auf die (Un)Gleichmäßigkeit an.

Das Verhältnis des kleinsten Wertes zum Mittelwert wird in der Beleuchtungstechnik berechnet, um anzugeben, um welchen Betrag der am ungünstigsten beleuchtete Punkt bzw. Arbeitsplatz von dem erstrebten Ergebnis abweicht.

In diesem Beitrag soll untersucht werden, ob die Vorgehensweise der Beleuchtungstechnik sinnvoll ist.

Anlass

Lichttechnische Größen sind, selbst wenn sie im Labor gemessen werden, stets Mittelwerte. Eine Fotozelle mittelt die Strahlung, die auf ihre empfindliche Fläche fällt. Daher muss man, wenn man kleine Flächen ausmessen will, möglichst kleine Sensoren benutzen. Um eine Größe, z.B. die Beleuchtungsstärke, über eine große Fläche wie einen Arbeitsraum zu messen, benutzt man mehrere Messpunkte in einem Gitternetz.

Diese Daten kann man grafisch aufbereiten, was einem einen Überblick über die Verteilung gibt. Da man aus dem Überblick nicht die gesamte relevante Information erhält, wird u.a. der Mittelwert gebildet. Soweit, so gut. Uns war aber vor langer Zeit aufgefallen, dass z.B. die Arbeitsschützer nach Vorgabe der ehemaligen ASR 7/3 („ An Arbeitsplätzen erfolgt die Messung am Ort der Tätigkeit während der Tätigkeit des Arbeitnehmers, z. B. bei Werkzeugmaschinen am eingespannten Werkstück am Ort der Bearbeitung; auf der Schreibtischplatte am Ort des Schreibens; auf dem gesamten Zeichenbrett in ZeichensteIlung.“) immer am Arbeitsplatz maßen und später den Mittelwert bewerteten. In einem eklatanten Fall, der diese Betrachtungen ausgelöst hat, wurde die Beleuchtungsstärke in einem Arbeitsraum mit zwei Arbeitsplätzen als hinreichend befunden, weil der eine Arbeitsplatz mit 700 lx beleuchtet war, und der zweite mit 300 lx. Der Durchschnitt betrug 500 lx, und an dem Arbeitsplatz mit der geringsten Beleuchtungsstärke wurde der zulässige  Minimalwert nicht unterschritten. Damit war der „Norm“ scheinbar genüge getan. Ihr Ziel war aber ein anderes, nämlich gleiche Sehbedingungen an allen Arbeitsplätzen. Die Ungleichmäßigkeit stellt die nicht vermeidbare Toleranz dar. Daher soll sie ja so klein sein wie möglich.

Was hat ein Benutzer davon, dass der Nachbar mehr Licht hat?

Wären die beiden Arbeitsplätze mit unterschiedlichen Beleuchtungsstärken in getrennten Zimmern, könnte man meinen, die Beleuchtungsstärke an dem einen Arbeitsplatz wäre höher als gefordert, was aber kein Problem darstellt, weil die Anforderung einen Minimalwert zum Ziel hat. An dem anderen Arbeitsplatz wäre noch genügend Licht vorhanden. Die beiden Benutzer dieser Arbeitsplätze hätten aber Beleuchtungsstärken, die sich um mehr als den Faktor 2 unterscheiden.

Anders muss man aber denken, wenn die beiden Arbeitsplätze unmittelbar aneinander grenzen und daher jeder den Nachbararbeitsplatz im Gesichtsfeld hat. Dann ist es aber nicht mehr gleichgültig, ob der Nachbar mehr oder weniger Licht bekommt. Denn mehr Licht an einer Stelle im Gesichtsfeld, das nicht zum Ausführen der eigenen Sehaufgabe dient, ist nicht einmal neutral oder gar positiv anzusehen, sondern bereits im Prinzip als negativ. Obwohl dies allgemein bekannt sein dürfte, bedarf es offensichtlich doch einer Erinnerung, denn in neuen Normen kann man höchst ungewöhnliche Werte wie 0,40 oder gar 0,10 lesen (Daten DIN EN 12464-1:2011, Größe U0 ). Zwar wünschen sich Architekten auch Ungleichmäßigkeiten, jedoch als Gestaltungsmaßnahme und nicht als Betriebsunfall.

Wenn in einer Landschaft bei bewölktem Himmel viel Sonnenlicht auf eine begrenzte Stelle fällt, scheint der Rest dunkler. Dies kann man demonstrieren, wenn man die helle Stelle ausblendet. Der Rest scheint plötzlich heller. Fotografiert man diese Landschaft, kann sogar sein, dass die helle Stelle das ganze Bild zerstört, weil die dunkleren Stellen nicht mehr gut gezeichnet werden. Das kennt jeder Fotoamateur zu Genüge. Nicht ohne Grund gibt es in der Beleuchtungstechnik eine Faustregel, wonach die Leuchtdichten im Gesichtsfeld harmonisch sein sollten (10:3:1-Regel). Wurde die Regel nicht eingehalten, sprach man von „Kontrastblendung“ bzw. „Simultanblendung“, bis die Begriffe aus der Mode kamen. Das Phänomen existiert aber immer noch, auch wenn es genügend Leute gibt, die es wegdiskutieren wollen, hauptsächlich Vertreter von Computerherstellern, die z.B. ihre Tastaturen schwarz machen, damit sie „chic“ aussehen.

Es gibt aber eine noch überzeugendere Erscheinung, die zwar vermutlich jeder kennt, der im Kino oder in einem Hörsaal gewesen ist, worauf er aber keinen Gedanken verschwendet. Die Erscheinung ist das Entstehen von Stellen auf der Leinwand, die während der Projektion schwarz erscheinen, während sie davor weiß bzw. grau erschienen sind. Beispielsweise wenn ein Strich auf die Leinwand projiziert wird, erscheint diese an der entsprechenden Stelle schwarz, obwohl sie messbar eine höhere Leuchtdichte als vorher hat. Wie dieser Eindruck entsteht, ist kein Geheimnis. Das Auge besitzt eine begrenzte Dynamik und kann daher kleinere dunklere Stellen in der Nachbarschaft von hellen Stellen nicht mehr im Detail auflösen. Sie erscheinen als schwarz. Maßgeblich ist der Leuchtdichteunterschied bzw. -verhältnis zwischen der (größeren) hellen Umgebung und dem dunkleren (kleineren) Objekt. Bodmann hatte vor Jahrzehnten den Unterschied, bei dessen Überschreitung der dunklere Teil schwarz erscheint, mit 10:1 angegeben. Kann diese Größenordnung als „Toleranz“ gelten (s. oben U0)?

Mit solchen Beispielen kann man zeigen, dass mehr Licht anderswo als auf der Sehaufgabe das Sehen eher stört. Genauer gesagt, den Erkennungsvorgang für das Sehobjekt. Wenn man andererseits eine Umgebung völlig dunkel lässt und die Sehaufgabe sowie deren Umgebung hinreichend gut beleuchtet, wird man feststellen, dass sich die Menschen auf Dauer unwohl fühlen. Hierbei heißt auf Dauer nicht Tage oder Wochen, sondern bereits Minuten. D.h., man braucht eine nicht so dunkle Umgebung. Das ist z.B. die Begründung dafür, dass empfohlen wird, einen Fernseher nicht in völlig dunklem Raum zu betreiben. Und das seit 1947! Zwar werden manche einwenden, dass Kinosäle immer dunkel sind, wenn die Vorstellung läuft. Dagegen ist zu sagen, dass im Kino erstens die Leinwand viel größer ist als der Fernseher im Wohnzimmer. Und zweitens reiben sich nicht wenige nach einer langen Kinovorstellung die Augen.

Was ist aber, wenn der Hintergrund hinter dem Fernseher hell ist? Das Licht, das von diesem Hintergrund ins Auge fällt, bildet einen Schleier, der die Schärfe des Fernsehbildes herabsetzt. Dies bleibt so lange erträglich, so lange der negative Effekt gegenüber dem erwünschten vernachlässigbar bleibt. Den negativen Effekt hat der Augenmediziner Höfling in seinem Buch „Kopfschmerzen durch Leuchtstofflampen“ (Höfling, G.: Kopfschmerzen durch Leuchtstofflampen, Schilling Verlag, Herne, 1973) als Umfeldblendung beschrieben. Man kann ihn sich leicht demonstrieren, indem man sich ein Sehobjekt einmal mit und einmal ohne eine Röhre mit einem kleinen Durchmesser (ca. 5 cm) anschaut (notfalls reicht der Kern einer Toilettenpapierrolle). Das Objekt scheint viel schärfer, wenn man durch die Röhre blickt. Wenn man sich auch zwei Röhren mit unterschiedlicher Farbe (schwarz und weiß) besorgt, sieht man den Effekt noch wirkungsvoller. Den Effekt kann man sogar mit den eigenen Händen erleben, wenn man sie zu einer Röhre zusammenlegt.

Der zielgerichtete Erkennungsvorgang, für den man ein Objekt beleuchtet, wird also mehr oder weniger stark durch das Licht aus der Umgebung gestört, das nicht dem direkten Sehen dient. Man muss es daher begrenzen. Wenn der Kollege an einem benachbarten Tisch viel mehr Licht hat, bedeutet das eine mehr oder minder hohe Störung, auch wenn man dies nicht unbedingt merkt.

Aber auch die Beleuchtung des eigenen Arbeitsplatzes kann sich ähnlich auswirken. Wer ein Blatt Papier vor sich auf den Tisch legt, um den Inhalt zu lesen, wird durch das von der Tischoberfläche reflektierte Licht gestört. Dies wurde bereits in den 1920er Jahren erkannt (Leffingwell, W.H: Office Management – Principles and Practice, London: A. W. Shaw Company, 1925). Der Autor empfahl, die Tischoberflächen mögen nicht zu hell und glänzend sein, weil sie dann blenden, aber auch nicht zu dunkel, weil dann der Kontrast zum Papier zu hoch sei. Dazu wäre zu erwähnen, dass die den Reflexions- und Glanzgrad von Tischoberflächen Verwaltungsberufsgenossenschaft im Jahre 1980 genau mit dem Tenor in einem Regelwerk („Sicherheitsregeln für Bildschirm-Arbeitsplätze“, ZH1/618) begrenzt hat. Auch die Beleuchtungsnorm DIN 5035-1 vom Jahre 1979 hatte die Reflexionsgrade von Arbeitsmöbeln begrenzt.

Das Problem ist also hinreichend bekannt und das mehr als hinreichend lange. Die hier angeführte Abhandlung zeigt, dass es bereits im Prinzip keinen Sinn macht, eine mittlere Beleuchtungsstärke für Arbeitsräume zu berechnen, jedenfalls nicht, wenn es um die Interessen der Mitarbeiter geht. Wenn die Beleuchtungsstärke, wie behauptet, ein Qualitätsmerkmal für Beleuchtung ist, wird durch die Mittelwertbildung derjenige schlechter gestellt, als er es ohnehin hat. Die Angabe des Median zuzüglich der Zahl der Arbeitsplätze mit geringerer Beleuchtungsstärke wäre sinnvoller.

Worüber wird eigentlich gemittelt?

Man kann die Fragwürdigkeit des Vorgehens noch deutlicher herausstellen, wenn man sich die Prozedur anschaut, nach der die Mittelwertbildung erfolgt. Diese wird in DIN EN 12464-1:2011 so vorgegeben, dass die Rasterweite von der Länge der Fläche abhängt, über deren Beleuchtung eine Aussage getroffen werden soll. Bei einem Arbeitstisch müsste man einen Rasterabstand von 0,30 m nehmen, während man bei einem Büroraum  mit 1,0 m arbeiten soll. Bei kleineren Räumen wäre es möglicherweise sinnvoll, mit einem Raster von 0,60 m zu arbeiten.

Eine Messung mit solchen Rastern, angewendet auf Tische und Räume, ergibt in Räumen mir einer Indirektbeleuchtung hinreichend Auskunft darüber, weil die Beleuchtungsstärke recht gleichmäßig verteilt ist. Nicht so mit Direktbeleuchtung, die immer noch am häufigsten installiert wird. Wegen der Entblendung mit Rastern lässt sich eine einigermaßen gleichmäßige Verteilung über den gesamten Raum nur bei Räumen mit einer lichten Höhe von 5 m und darüber erreichen. Und solche Räume kann man in modernen Gebäuden als Arbeitsraum selten finden.

In üblichen Räumen mit einer Deckenhöhe von 3 m und darunter, müsste man viele Lichtbänder ziehen, um eine hohe Gleichmäßigkeit zu erzielen. Es liegt nicht am Geld, dass dies selten geschieht. Üblich sind zwei Lichtbänder. Die Realität sieht wie in Bild 1 aus, das die Verteilung der Beleuchtungsstärke auf einem Arbeitstisch zeigt. (Anm.: Die Beleuchtung, unter der die Messung stattfand, stammt nicht von einem „schlechten“ Planer, sondern aus einem Projekt, bei dem die Anbieter um den Auftrag kämpften.)

Beleuchtungsstaerkeverteilung
Bild 1 Beispiel einer ungleichmäßigen Beleuchtungsstärkeverteilung auf einem Arbeitstisch

Die dargestellte Verteilung kommt dadurch zustande, dass es nicht gelungen ist, den bewerteten Arbeitstisch optimal zu den Leuchten zu platzieren. je nachdem, wie die anderen Arbeitstische im Raum aufgestellt sind, können auch andere Verteilungen zustande kommen. Was man nicht erzielen kann, ist eine hohe Gleichmäßigkeit auf dem Arbeitstisch bei gleichzeitig hoher Gleichmäßigkeit über den Raum, außer man arbeitet mit Indirektbeleuchtung. Im Übrigen kann man die „optimale“ Anordnung von Leuchten und Arbeitstischen in der Praxis erst nach langer Suche finden, dann aber nur vereinzelt. Denn kein Arbeitgeber in Deutschland kann es sich leisten, große Teile seiner Arbeitsräume frei zu lassen, nur damit die Geometrie des Arbeitsplatzes mit der der Beleuchtung harmoniert.

Sollte es gelingen, die Arbeitstische nach lichttechnischen Vorstellungen „optimal“ aufzustellen, d.h. exakt zwischen den Leuchtenbändern, erhält man eine Verteilung, die wie folgt aussieht Bild 2):

Man kann den Tisch unter den Leuchten etwas hin und her schieben und erhält eine mehr oder weniger rechts- bzw. linkslastige Ungleichmäßigkeit, aber keine Gleichmäßigkeit. Wird der Tisch, wie häufig in Richtung Fenster, durch einen Zusatztisch als Kombination verlängert, wird die Ungleichmäßigkeit noch größer. Vor allem steht der Bildschirm an der am besten beleuchteten Stelle.

Verteilung_tiefstrahlend
Bild 2 Verteilung der Beleuchtungsstärke in einem Raum zwischen Fenster und Tür

Variationen um diese Verteilung entstehen durch unterschiedlich entblendete Raster und/oder unterschiedliche Raumhöhen. Dann wird der Sattelbereich in der Mitte mehr oder weniger breit. Der grundsätzliche Charakter aber lässt sich nicht ändern, weil er durch die Physik vorgegeben ist. (Anm.: Die Bemerkung, dass solche Verteilungen nur dann vorkommen, wenn die Planung dumm gelaufen ist, ist bereits vor langem gefallen. Und zwar vom Entwicklungsleiter derjenigen Firma, von der die Planung stammte, deren Ergebnis die oben dargestellte Verteilung des Lichts war.)

Wenn ein Raum mit Direktbeleuchtung nach üblichen Empfehlungen beleuchtet wird, haben die Leuchten wie in Bild 3 skizziert, eine bestimmte örtliche Relation zum Arbeitsplatz. Diese Anordnung ist nicht physikalisch bedingt, sondern der Physik der Lampen geschuldet. Je effizienter die Leuchtstofflampen geworden sind, umso höher ist deren Leuchtdichte ausgefallen. Betrug die Leuchtdichte einer hinter einer Abdeckung aus Trübglas betriebenen Lampe ca. 2.000 cd/m2, so weisen Kompaktleuchtstofflampen und T5-Lampen Leuchtdichten bis zu 40.000 cd/m2 auf. Die Gefahr von Reflexblendung ist damit viel größer, so dass man mit der Einführung von Rasterleuchten auch die Empfehlung aussprach, die Lichtbänder so anzuordnen, wie Bild 3 zeigt.

Direktbeleuchtung
Bild 3 Prinzipskizze der örtlichen Relation von Lichtbändern und Arbeitsplätzen zur Vermeidung von Reflexblendung bei offenen Rasterleuchten

Dass die in Bild 3 gezeigte Anordnung zu Verteilungen des Lichts wie in Bild 2 führen würde, musste nicht erst nachgewiesen werden, weil man das auch ohne Raum und Leuchten aus der Lichtstärkeverteilung berechnen kann. Aus diesem Grunde wurde für die Rasterleuchten eine bestimmte Lichtstärkeverteilung ausgedacht, dessen Name mit seiner Form zusammenhängt: batwing-Verteilung (Bild 4). Mit dieser Verteilung sollte sichergestellt werden, dass das in den Leuchten erzeugte Licht dorthin fließt, wo es gebraucht wird, in die Mitte des Arbeitstisches auf das Lesegut. So jedenfalls die Theorie.

In der Praxis kam die Idee nicht gut an. Wer einmal an einem so beleuchteten Arbeitsplatz gearbeitet hat, weiß auch warum. Man wird ständig von beiden Seiten geblendet. Ob sie deswegen zu den Akten gelegt wurde, oder wegen des Aufkommens der „bildschirmgerechten“ Beleuchtung, sei dahingestellt. Auf jeden Fall wurden Seit etwa 1980 zunehmend Leuchten mit der rechts in Bild 4 dargestellten Lichtstärkeverteilung eingesetzt. Und die erzeugen, wie man auch ohne Hilfe leicht erkennen kann, Beleuchtungsstärkeverteilungen auf dem Tisch wie in Bild 2. Wenn die „optimale“ Anordnung aus welchen Gründen auch nicht klappt, sieht es dann wie in Bild 1 bzw. ähnlich aus.

Batwing_or_not_Batwing
Bild 4 Prinzipskizze von Lichtstärkeverteilungen von „batwing“-Leuchten und Direktleuchten, wie sie häufig eingesetzt werden.

Damit ist die in der Überschrift dieses Abschnitts gestellte Frage beantwortet: Die mittlere Beleuchtungsstärke in einem Raum entsteht durch eine Mittelung von Messwerten, von denen die höheren anderswo anfallen als auf der Sehaufgabe, die eigentlich beleuchtet werden soll. Würde man den Median aller Werte über einen Raum berechnen, fielen fast alle Orte, an denen sich die Leseaufgabe befindet, sofern es die noch gibt, auf die Ränge hinter dem Median.

Die heute übliche Anordnung von Lichtbändern ist Folge der Einführung offener Rasterleuchten und würde Sinn machen, hätte man die dafür geeignete Lichtstärkeverteilung umsetzen können. Da man dies nicht konnte, später auch nicht wollte, ist das Gegenteil von sinnvoll entstanden. Zuviel Licht rechts und links von der Sehaufgabe und die Hälfte davon auf dieser ist in der Funktion weniger als nur die Hälfte auf der Sehaufgabe.

Unsinniges im Sinne des Arbeitsschutzes

Ein bestimmter Aspekt, der mit der Mittelwertbildung zu tun hat, wird hier getrennt behandelt, weil er mit der Lichttechnik und ihren Normen wenig gemein hat bzw. haben sollte. Bei diesem Verfahren ermittelt man die Beleuchtungsstärke nicht etwa durch Mitteln der Werte im Gesichtsfeld, sondern auch noch auf und sogar hinter dem Stuhl, also hinter dem Benutzer. Leider handelt es sich bei diesem Aspekt nicht um eine Empfehlung von Personen oder Stellen, die man getrost übergehen darf. Es handelt sich um „Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten“ wie die Quelle, ASR A3.4 „Beleuchtung“, bekanntgegeben in „Gemeinsames Ministerialblatt“ vom Bundesministeriumfür Arbeit und Soziales am 1. Juni, 2011. (Anm.: Diese und sonstige „Technische Regeln“ werden nicht von den Ministerien erstellt, sondern von einem hierfür eingesetzten Ausschuss für Arbeitsstätten. Bei den früheren ASR war es anders.)

Worüber man die Beleuchtungsstärke messen und mitteln soll, geht aus Bild 5 hervor.

ASR_Mitteln1

Bild 5 Beispiel eines Arbeitsraumes und der Flächen, über die die Beleuchtungsstärke gemittelt werden soll (Quelle: ASR A3.4 vom 1. Juni 2011)

Während eine Mittelung über die Fläche des Arbeitsplatzes, wie oben gezeigt, zu einem fragwürdigen Ergebnis führt, weil nicht alles Licht, das auf den Arbeitsplatz fällt, das Sehen fördert, muss man, will man gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, seit 2011 auch die Sitz- und Bewegungsfläche in die Berechnung einbeziehen. Bemerkenswerterweise wird nicht nur ein Punkt auf dem Stuhl berücksichtigt, auf den Licht nur dann fallen kann, wenn der Mitarbeiter nicht da ist, sondern auch die Beleuchtung des Bildschirms. Dies fragwürdig zu nennen, wäre sehr untertrieben.

Obwohl die dem Bild 5 zugrunde liegende Idee seit Jahren durch Informationsbroschüren von Herstellerverbänden, Berufsgenossenschaften und sonstige Literatur geistert, wird der hier angeschnittene Aspekt in der Hoffnung, dass die Idee bald verschwindet, nicht weiter behandelt. Allerdings dürfen sich Betriebe und Lichtplaner die Sache nicht so leicht machen. Für sie gelten die Technischen Regeln  wie gesagt als „Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten“.

Was sollte getan werden?

Es scheint sinnvoll, die Bewertung der Ungleichmäßigkeit auf dem Arbeitsplatz bzw. Arbeitsgut und im Arbeitsraum voneinander zu trennen. Für das Arbeitsgut bzw. „Sehaufgabe“ ist maßgeblich die Ausleuchtung, die möglichst hoch sein sollte. Hingegen kann die jetzt verwendete „Gleichmäßigkeit“ allenfalls als Merkmal für die Allgemeinbeleuchtung benutzt werden, dies aber nur dann, wenn auch ein Maximalwert angegeben wird, der nicht überschritten werden kann. Das vielfach angeführte Gegenargument, man gäbe ja nur Mindestwerte vor, die gerne überschritten werden dürfen, kann man bestenfalls für das Beleuchtungsniveau gelten lassen, aber nicht für eine Ungleichmäßigkeit, die aus dem Einsatz ungeeigneter Konzepte herrührt.

Sowohl für die Ausleuchtung als auch für die Gleichmäßigkeit ist es sinnvoll, Größen zu nehmen, wie sie in der Statistik üblich sind. Das ist die Standardabweichung, die ein besseres Bild von der erreichten Gleichmäßigkeit ergibt, als g1, sowie der Median. Einer solchen Angabe kann man entnehmen, viel wie viele Arbeitsplätze schlechter „ausgeleuchtet“ sind als dem Median entspricht. Dies macht mehr Sinn als die Berechnung eines fiktiven „Beleuchtungsniveaus“, die nur im Vertragsverhältnis zwischen Besteller und Lieferanten einer Beleuchtungsanlage eine Bedeutung hat.

Erreicht die Ungleichmäßigkeit einen gewissen Grad, sollte man von einer Angabe der Gleichmäßigkeit ganz absehen, weil Vorgaben wie U0 > 0,10 wenig anschaulich sind. Nach uralten Studien über die Helligkeit ist „schwarz“ eine Stelle im Gesichtsfeld, deren Leuchtdichte unter 10% der Umgebung liegt. Nach der o.g. Angabe muss man nur schwarz vermeiden. Diese Studien sind uralt, aber nicht Altpapier.

Schlussbemerkungen

Die in diesem Beitrag dargestellten Sachverhalte machen deutlich, welche geistigen Klimmzüge erforderlich sind, um einen physikalischen Zustand als etwas zu bewerten, was es nicht ist. Die Berechnung der Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke für Arbeitsräume ist ein Erbe der Allgemeinbeleuchtung, die Gleichmäßigkeit selber ein  Merkmal davon. Dieses besitzt aber nur eine Bedeutung im Vertragsverhältnis zwischen dem Lieferanten und Besteller der Beleuchtung, wenn man diese wie einen Teppich abrechnet: 100Lux/Euro.

Eine Beleuchtung mit direkt strahlenden, gar tief strahlenden Leuchten kann aber keine Allgemeinbeleuchtung sein. Dafür bedurfte es nicht erst einer Forschungsarbeit wie von Bodmann u.a. (Bodmann, H.W.; Eberbach, K.; Leszczynska, H., Lichttechnische und ergonomische Gütekriterien der Einzelplatzbeleuchtung im Büro, Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 1995). Man muss nur die Empfehlungen lesen, die seit Jahrzehnten über die „Anordnung von Leuchten und Arbeitsplätzen“ gegeben werden, um Reflexblendung zu vermeiden. Sie sind ein untrüglicher Beweis dafür, dass nicht gleiche Sehverhältnisse an allen Stellen des Raumes herrschen. Allerdings unfreiwillig geliefert.

Die Aussicht, dass die hier ausgearbeiteten Empfehlungen allgemein angenommen werden, ist äußerst gering, weil sich die Lichttechnik durch eine sehr selektive Wahrnehmung auszeichnet. Zudem betätigen sich auf diesem Gebiet nicht nur Lichttechniker. Bekanntlich ist nichts gefährlicher als aktives Halbwissen.

Der Beitrag wurde dennoch verfasst, weil es auch Planer gibt, die ihre Produkte auch ohne „Vorschrift“ verbessern wollen.

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen?

3 comments on “Abschied von der Gleichmäßigkeit

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[…] hier die Gleichmäßigkeit U0 , die man früher anders bezeichnete. Zudem gab es zwei davon. (Anm.: Hier ist dargestellt, warum die zweite für den "Bereich der Sehaufgabe" mehr Sinn […]

[…] Uo? 0,10! Das sieht dann etwa so aus wie links. Wie man sieht, erkennt man alles. Fast … (hier lesen Sie, warum man sich von dem Begriff verabschieden […]

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