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Basis der Festlegung von Beleuchtungsstärkewerten in Beleuchtungsnormen


Autor

Ahmet Cakir

Kurzfassung

In dieser Studie wurde die Entstehungsgeschichte der in Beleuchtungsnormen festgelegten Werte für Beleuchtungsstärken untersucht. Diese Werte werden seit 1935 in diversen Normen festgelegt, z.B. in DIN-Normen in Deutschland oder in Regelwerken der IESNA in den USA. Anders als vielfach geglaubt wird, lässt sich keine wissenschaftliche Basis für sie finden. Dies wurde vor etwa 20 Jahren durch Krochmann und Kirsch in einem Forschungsbericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz festgestellt. Später hat ein anderer weltweit anerkannter Fachmann der Lichttechnik, Peter Boyce, die angebliche Begründung der geforderten Beleuchtungsstärken als Märchen bezeichnet, das erfunden worden ist, um die auf Vereinbarungen der lichttechnischen Fachkreisen beruhenden Werte mit Fakten zu unterfüttern.


Beitrag

In dieser Studie wurde die Entstehungsgeschichte der in Beleuchtungsnormen festgelegten Werte für Beleuchtungsstärken untersucht. Diese Werte werden seit 1935 in diversen Normen festgelegt, z.B. in DIN-Normen in Deutschland oder in Regelwerken der IESNA in den USA. Anders als vielfach geglaubt wird, lässt sich keine wissenschaftliche Basis für sie finden. Dies wurde vor etwa 20 Jahren durch Krochmann und Kirsch in einem Forschungsbericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz festgestellt. Später hat ein anderer weltweit anerkannter Fachmann der Lichttechnik, Peter Boyce, die angebliche Begründung der geforderten Beleuchtungsstärken als Märchen bezeichnet, das erfunden worden ist, um die auf Vereinbarungen der lichttechnischen Fachkreisen beruhenden Werte mit Fakten zu unterfüttern.

In der Tat hat es nicht an Versuchen gefehlt, die Sehleistung als Begründung heranzuziehen. Aus einem solchen Ansatz kann man aber allenfalls sehr weite Bereiche für die Empfehlung der Beleuchtungsstärke wie 400 lx bis 4.000 lx oder ähnlich ableiten. Für die Büroarbeit ließe sich allenfalls ein Wert von etwa 100 lx begründen, wenn überhaupt. Boyce hat die von der IESNA für die USA festgelegten Werte über mehrere Jahrzehnte zusammen gestellt und gezeigt, dass sie eher durch das politische und ökonomische Umfeld bedingt waren denn durch Sehleistung oder durch irgend einen anderen objektivierbaren Faktor. Der große Traum, eine Leistungssteigerung bei der Arbeit durch höhere Beleuchtungsstärken nachzuweisen, war eigentlich schon in den 1920ern ausgeträumt. Ende der 90er Jahre hat sich ein deutsches Forscherteam, das das Sick-Building Syndrome untersuchen wollte, an die Aufgabe gemacht, die Gesundheitsstörungen in Bürogebäuden durch eine Verdoppelung der Beleuchtungsstärken zu mindern. Der ansonsten sehr mitteilsame Forschungsbericht schweigt sich zu dem Ergebnis allerdings vielsagend aus.

Die neuesten Normen für Beleuchtungstechnik (DIN EN 12464-1 und DIN 5035-7) haben die alten Werte zum größten Teil zahlenmäßig gleich übernommen, daraus aber einen nie zu unterschreitenden Wert in gleicher Höhe abgeleitet. Dies bedeutet eine Steigerung um mindestens 20% für gleiche Arbeitsplätze. Für Büros mit Arbeitsplätzen in Fensternähe wurde die Beleuchtungsstärke faktisch verdoppelt, obwohl die meisten Mitarbeiter die künstliche Beleuchtung ihrer Arbeitsplätze eher für zu hell als zu dunkel halten. Für manche Arbeitsplätze, z.B. für solche in Schaltwarten wurden die Beleuchtungsstärken verdoppelt, obwohl dort üblicherweise viele Licht empfindliche aktive Anzeigen benutzt werden. Für eine lange Liste von Arbeitsplätzen ergeben sich erhebliche Erhöhungen für Beleuchtungsstärken, ohne dass ein erkennbarer Grund hierfür vorliegt.

Zwar kann man theoretisch eine Planung nach der Norm DIN EN 12464-1 so durchführen, dass man die neuen höhere Werte nur in einem begrenzten Bereich der Sehaufgabe vorsieht und damit mit der Energie sparsam umgeht. In Deutschland soll man aber diese Bereiche auf alle Flächen im Arbeitsraum ausdehnen, auf denen sich ein Mitarbeiter aufhalten kann.

Angesichts der Tatsache, dass etwa 40% der in Bürohäusern verbrauchten elektrischen Energie für Beleuchtung aufgewendet wird, scheint es bei der derzeitigen Situation der Umweltproblematik unsinnig, nicht begründete (und vermutlich nicht begründbare) Erhöhungen des Energieaufwands durch Änderungen in der Normung einführen zu wollen. Dass mindestens 20% allein durch eine verbale Umwidmung eines Begriffs (!) herbeigeführt werden sollen, stellt vermutlich einen einmaligen Vorgang im Umgang mit dem Stand der Wissenschaft und Technik dar, den die normierten Werte nach Meinung Vieler darstellen.

Da man sich mittlerweile von den seit 1935 gültigen Gütemerkmalen der Beleuchtung verabschiedet hat, wird künftig die Qualität der Beleuchtung weitgehend an der Beleuchtungsstärke gemessen werden. Diese mit unbegründeten Maßnahmen zu erhöhen in einer Zeit, in der man die Energieeffizienz von Gebäuden zu einem Politikum machen musste, kann sich bitter rächen, weil man beiden Anforderungen zusammen nur mit Leuchtensystemen genügen kann, die kaum jemand akzeptieren wird.

Gesamtstudie  Basis der Festlegung von Beleuchtungsstärkewerten in Beleuchtungsnormen

© 2006 Dr.-Ing. Ahmet Çakir

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