Licht für Gesundheit

CyberLux

Unspezifische biologische Lichtwirkungen am Arbeitsplatz


Autor:

Christoph Schierz


Kurzfassung

In den letzten Jahren diskutiert auch die Lichttechnik in zunehmendem Mass unspezifische biologische Lichtwirkungen, welche nicht durch den für das Sehen verantwortlichen spezifischen neuronalen Pfad vermittelt werden. So erlangt die in den 50er Jahren entdeckte retino-hypothalamische Bahn derzeit erneut die Aufmerksamkeit von Lichtplanern und Arbeitswissenschaftlern. Es zeigte sich, dass diese Lichtwirkungen wichtige biologische Vorgänge im Menschen vermitteln. Es seien namentlich die zeitliche Positionierung der circadianen Rhythmik, der Abbau von Melatonin in der Nacht sowie die Steigerung des Wachheitsgrades und der Körpertemperatur genannt. Saisonale Depressionen können mit Licht behandelt werden.
Die neuesten Untersuchungen am Menschen lassen vermuten, dass neben der Wirkung von Licht auf die Sehleistung neue Überlegungen zu den unspezifischen Lichtwirkungen in die Lehrbücher einfliessen müssen. Bisher ging man davon aus, dass hohe Beleuchtungsstärken von 2500 lx und mehr für diese Wirkungen notwendig seien. Inzwischen ergeben neueste Untersuchungen aber, dass die 50%-Wirkungsschwellen für unspezifische Lichtwirkungen wie Melatoninabbau, Verschiebung der circadianen Rhythmik und Steigerung des subjektiv und physiologisch bestimmten Wachheitsgrads zwischen 90 und 180 lx vertikaler Beleuchtungsstärke am Auge liegen. Das bedeutet, dass bereits heutige Lichtgebungen biologisch wirksam sind.
Des weiteren deuten Forschungsresultate darauf hin, dass die spektrale Empfindlichkeit der unspezifischen biologischen Wirkungen stark von der bekannten spektralen Hellempfindlichkeit V-Lambda abweicht. Zudem erwies sich intermittierendes Licht als viel effektiver im Verschieben der circadianen Rhythmik im Vergleich zu kontinuierlichem Licht gleicher Dosis. In Anbetracht dessen, dass wir durch ständige Augenbewegungen zum Beispiel zwischen Fenster, Raumbegrenzungsflächen und Arbeitsfläche eine ständig sich ändernde Lichtmenge auf der Netzhaut erzeugen, ist auch dieses Ergebnis von grosser Bedeutung für eine zukünftige Leuchtdichte- und Kontrastplanung.
In diesem Beitrag werden die neuesten wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengefasst vorgestellt und es werden einige Implikationen für die zukünftige Licht- und Beleuchtungsforschung bzw. -planung diskutiert.

In den letzten Jahren diskutiert auch die Lichttechnik in zunehmendem Mass unspezifische biologische Lichtwirkungen, welche nicht durch den für das Sehen verantwortlichen spezifischen neuronalen Pfad vermittelt werden. So erlangt die in den 50er Jahren entdeckte retino-hypothalamische Bahn derzeit erneut die Aufmerksamkeit von Lichtplanern und Arbeitswissenschaftlern. Es zeigte sich, dass diese Lichtwirkungen wichtige biologische Vorgänge im Menschen vermitteln. Es seien namentlich die zeitliche Positionierung der circadianen Rhythmik, der Abbau von Melatonin in der Nacht sowie die Steigerung des Wachheitsgrades und der Körpertemperatur genannt. Saisonale Depressionen können mit Licht behandelt werden.

Die neuesten Untersuchungen am Menschen lassen vermuten, dass neben der Wirkung von Licht auf die Sehleistung neue Überlegungen zu den unspezifischen Lichtwirkungen in die Lehrbücher einfliessen müssen. Bisher ging man davon aus, dass hohe Beleuchtungsstärken von 2500 lx und mehr für diese Wirkungen notwendig seien. Inzwischen ergeben neueste Untersuchungen aber, dass die 50%-Wirkungsschwellen für unspezifische Lichtwirkungen wie Melatoninabbau, Verschiebung der circadianen Rhythmik und Steigerung des subjektiv und physiologisch bestimmten Wachheitsgrads zwischen 90 und 180 lx vertikaler Beleuchtungsstärke am Auge liegen. Das bedeutet, dass bereits heutige Lichtgebungen biologisch wirksam sind.

Des weiteren deuten Forschungsresultate darauf hin, dass die spektrale Empfindlichkeit der unspezifischen biologischen Wirkungen stark von der bekannten spektralen Hellempfindlichkeit V-Lambda abweicht. Zudem erwies sich intermittierendes Licht als viel effektiver im Verschieben der circadianen Rhythmik im Vergleich zu kontinuierlichem Licht gleicher Dosis. In Anbetracht dessen, dass wir durch ständige Augenbewegungen zum Beispiel zwischen Fenster, Raumbegrenzungsflächen und Arbeitsfläche eine ständig sich ändernde Lichtmenge auf der Netzhaut erzeugen, ist auch dieses Ergebnis von grosser Bedeutung für eine zukünftige Leuchtdichte- und Kontrastplanung.

In diesem Beitrag werden die neuesten wissenschaftliche Erkenntnisse zusammengefasst vorgestellt und es werden einige Implikationen für die zukünftige Licht- und Beleuchtungsforschung bzw. -planung diskutiert.

Beitrag

1. EINLEITUNG

In den letzten Jahren werden auch in der Lichttechnik in zunehmendem Maß unspezifische biologische Lichtwirkungen diskutiert. Diese werden nicht durch den für das Sehen verantwortlichen spezifischen neuronalen Pfad übertragen. So erlangt die in den 50er Jahren entdeckte retino-hypothalamische Bahn derzeit erneut die Aufmerksamkeit von Lichtplanern und Arbeitswissenschaftlern. Es zeigte sich, dass unspezifische Lichtwirkungen wichtige biologische Vorgänge im Menschen vermitteln. Namentlich genannt seien:

  • a) die Unterdrückung der Melatonin-Produktion in der Nacht,
  • b) die zeitliche Positionierung der circadianen Rhythmik,
  • c) die Steigerung des Wachheitsgrades,
  • d) die erfolgreiche Behandlung saisonaler Depressionen (SAD) mit Lichttherapie.

Bisher ging man von hohen Beleuchtungsstärken > 2500 lx für diese Wirkungen aus. Einige Lichtplaner leiteten daraus ab, die derzeitigen Normen zwingen die Lichtbenutzer dazu, in der „biologischen Dunkelheit“ zu leben. Inzwischen ergeben neueste Untersuchungen aber, dass die 50%-Wirkungsschwellen für unspezifische Lichtwirkungen wie Melatonin-Suppression, Verschiebung der circadianen Rhythmik und Steigerung des subjektiv und physiologisch bestimmten Wachheitsgrads zwischen 90 und 180 lx vertikaler Beleuchtungsstärke am Auge liegen. Sogar mit nur 5.5 lx monochromatischen Lichts (509 nm) konnte der Melatoningehalt im Blut um 37% reduziert werden [3]. Bei der Behandlung von SAD-Patienten mit Lichttherapie werden aber weiterhin mindestens 2500 lx empfohlen. Allerdings wird über vereinzelte Therapie-Erfolge mit dem sogenannten Lichthelm – einer Art lichtspendender Schirmmütze – ab 30 lx berichtet . Eventuell handelt es sich hierbei auch um einen Placebo-Effekt.

Offenbar können auch heutige Lichtgebungen biologisch wirksam sein. Eine abschließende Beurteilung fällt aber schwer, weil die Labor-Ergebnisse schwer in die Praxis zu übertragen sind. Es fehlen wesentliche Informationen. Die im folgenden diskutierten Aspekte werfen auch die Frage auf, ob die genannten Wirkungen über die selben Rezeptoren und neuronalen Netze vermittelt werden. Nicht im Detail diskutiert wird die noch umstrittene Bedeutung der unspezifischen Lichtwirkungen für Gesundheit und Wohlbefinden.

2. ASPEKTE EINER PHOTOMETRIE UNSPEZIFISCHER LICHTWIRKUNGEN

Bisherige Beleuchtungsplanung und -bewertung beruht auf den jahrzehnte alten Erfahrungen der Photometrie. Den Größen wie Beleuchtungsstärke in Lux oder Leuchtdichte in cd/m² liegt die Überlegung zugrunde, dass das Sichtbarmachen von Objekten die Hauptaufgabe natürlicher oder künstlicher Beleuchtung ist. So simuliert ein Luxmeter die spektrale Empfindlichkeit der Netzhaut für ein 2-Grad-Gesichtsfeld am Ort der Netzhautgrube (Fovea), der Stelle schärfsten Sehens. Ein Leuchtdichte-Photometer simuliert zusätzlich die optischen Eigenschaften des Auges für Abbildungen an diese Stelle.

Unspezifische Lichtwirkungen verlangen offenbar neue photometrische Masse. Evtl. können auch bisherige photometrische Größen mit Korrekturfaktoren und Zusatzmessungen ergänzt werden. Mögliche Änderungen ergeben sich bei der spektralen, der räumlichen und der zeitlichen Integration des Lichts. Dafür muss bekannt sein, welche spektralen Empfindlichkeiten die zuständigen Rezeptoren besitzen, wie sich deren Signale über die Netzhaut summieren (oder auch hemmen) und welches deren zeitliches Adaptationsverhalten ist. Abgesehen von der Tatsache, dass die Datenlage noch sehr unvollständig ist, stehen der Ermittlung solcher Korrekturfaktoren weitere Schwierigkeiten im Wege.

2.1 Zur räumlichen Integration

Eine Schwierigkeit liegt in der Forschungspraxis begründet, für die Lichtintensität die vertikale Beleuchtungsstärke an der Hornhaut (Cornea) des Auges zu verwenden. Eine 5 cm große, 50’000 cd/m² helle Glühlampe in 1 m Entfernung erzeugt dieselbe Beleuchtungsstärke von 100 lx auf der Hornhaut, wie eine großflächige Lichtquelle mit weniger als 50 cd/m². Man geht also implizit davon aus, dass intensives, auf eine Stelle der Netzhaut fokussiertes Licht dieselbe Wirkung hat, wie entsprechend weniger intensives, aber über die ganze Netzhaut verteiltes Licht. Für eine adäquate Beurteilung der Lichtintensität müsste nicht die Hornhaut-Beleuchtungsstärke sondern diejenige auf jeder Netzhautstelle bekannt sein. Letztere ist proportional zur Leuchtdichte des vom Auge abgebildeten Objekts, z.B. der Lichtquelle. Viele Arbeiten erläutern die Lichtbedingungen im Experiment nicht im Detail. Dadurch ist die Leuchtdichteverteilung und die Verteilung der Netzhautbeleuchtungsstärke nicht mehr zu rekonstruieren.

Die optischen Eigenschaften des Auges haben zur Folge, dass Lichtstrahlen mit unterschiedlichen Einfallswinkeln unterschiedlich hohe Beleuchtungsstärken auf der Netzhaut erzeugen (Stichworte dazu sind: Asphärische Hornhaut, Vignettierung durch Pupille, variierende optische Weglängen und damit der Lichtabsorptionen, Krümmung der Netzhaut). Es resultiert eine Schwächung der Beleuchtungsstärke auf der Rezeptorfläche mit zunehmendem Einfallswinkel. Diese fällt aber nicht so stark aus, wie sie ein kosinus-korrigiertes Luxmeter vornimmt.

Selbstverständlich bleibt das Auge unter natürlichen Bedingungen nicht fixiert. Ständige Augenbewegungen „verschmieren“ die Richtcharakteristik. Dabei spielt auch die zeitliche Trägheit der Übertragungskette eine Rolle. Erstaunlicherweise gibt es zur arbeitsplatzbezogenen Häufigkeitsverteilung von Blickrichtungen kaum Literatur. Auch für Blendung und Helligkeitsadaptation wäre die Blickverteilung in vertikaler Richtung und der Einfluss von Fenstern von besonderem Interesse. Weitere moderierende Faktoren für unspezifische Lichtwirkungen sind die mit dem Alter abnehmende Transmission der Augenlinse und die mit der Adaptationsleuchtdichte variierende Pupillengröße. Letztere wirkt als Regler für Helligkeitsänderungen kompensierend.

Weitgehend offen sind die Sensitivitäten der Netzhautstellen für unspezifische Lichtwirkungen. Die ganze Netzhaut scheint beteiligt zu sein, wobei die Fovea – anders als bei spezifischen Lichtwirkungen – keine hervorragende Rolle spielt. Licht, das von oben ins Auge fällt, unterdrückt die Melatonin-Produktion wirksamer als Licht von unten. Danach ist die Netzhaut 23 Grad unterhalb der Fovea sensitiver als 23 Grad oberhalb. 30 Grad von der Seite einfallendes Licht zeigte sich von schläfenseitig her kommend wirksamer als von der Nasenseite her. Hier wirkt aber normalerweise das zweite Auge kompensierend. Für schläfenseitige Einfallswinkel >55 Grad ist dies aber nicht mehr der Fall, weil die Nase das andere Auge abdeckt. Für Melatonin-Suppression sind zwei Augen wirksamer als eines allein. Von den spezifischen Lichtwirkungen her gesehen ist dies nicht selbstverständlich: Einäugig erscheint die Umwelt nicht dunkler als zweiäugig.

Lichttherapie von SAD-Patienten wirkt auch dann, wenn nicht direkt auf die Lichtquelle geblickt wird. Die periphere Retina erscheint hier also als bedeutsam. Dass der bereits genannte Lichthelm bei einem hohen Prozentsatz von SAD-Patienten positiv wirkt, könnte auch durch die spezielle geometrische Lichtanordnung mit Licht von oben bedingt sein.

2.2 ZUR SPEKTRALEN INTEGRATION

Die spektrale Empfindlichkeit der Melatonin-Suppression zeigte sich gegenüber der bekannten spektralen Hellempfindlichkeit V-Lambda ins Blaue verschoben. Es wird diskutiert, wie dies mit Hilfe eines Korrekturfaktors in der Photometrie berücksichtigt werden könnte. V-Lambda ist ein gewichtetes Mittel der spektralen Empfindlichkeiten von Rot?, Grün- und Blau-Zapfen. Die Gewichte entsprechen der Häufigkeit dieser Rezeptoren. Ob eine solche Mittelung auch für unspezifische Wirkungen möglich ist, oder ob man – wie Tierversuche es nahe legen – von neuen Rezeptoren ausgehen muss, ist noch nicht abschließend zu beurteilen. Auch in den Tierversuchen wurde bis jetzt nicht ausgeschlossen, dass Zapfen oder Stäbchen einen zusätzlichen Einfluss ausüben können. Wie Fig. 4 links zeigt, könnten beim Menschen die Blau-Zapfen beteiligt sein. Bei rot-grünblinden Personen (mit intaktem Blau-Rezeptor) konnte keine Veränderung der Melatonin-Suppression beobachtet werden. Hingegen wurde die circadiane Rhythmik mit rotem Licht (95% der Energie oberhalb von 600 nm) gleich gut verschoben, wie mit weißem Licht. Dies unterstützt die Vermutung, dass man bei verschiedenen unspezifischen Lichtwirkungen von verschiedenen Wirkmechanismen ausgehen muss.

Auch andere unspezifische Wirkungen zeigen ein uneinheitliches Bild: Frühe Untersuchungen ergaben ein Ansteigen des Blutdrucks mit blauem Licht und ein Absinken mit rotem Licht; grünes oder gelbes Licht hatte keine signifikante Wirkung. Eigene Untersuchungen bestätigen eine im Vergleich zu warmweißem Licht subjektiv anregende Wirkung von tageslichtweißem Licht. Grünes Licht ist bei der Lichttherapie wirksamer als rotes Licht; weißes Licht ist wirksamer als blaues (!) oder rotes. Vollspektrumlampen sind in der Lichttherapie nicht wirksamer als normale Leuchtstofflampen. Das von gewissen Vollspektrumlampen abgegebene UV-Licht ist für die Lichttherapie nicht notwendig, birgt aber das zusätzliche Risiko einer Augenschädigung.

2.3 ZUR ZEITLICHEN INTEGRATION

Bis jetzt unklar ist, wie stark unspezifische Lichtwirkungen mit der Zeit adaptieren. Gemäß Fig. 4 rechts bleibt nach einem exponentiellen Abfall die Melatoninkonzentration mehr oder weniger konstant, was nicht auf eine Adaptation hindeutet (der langsame Abfall hängt wohl mit der Fliessdynamik des Blutkreislaufs zusammen). Nicht die Belichtung in Lux-Stunden, sondern die Beleuchtungsstärke bestimmt den Melatoningehalt: Drei Stunden mit 200 lx ergeben nicht den selben Gehalt wie eine Stunde mit 600 lx. Hingegen wird natürlich die Gesamtmenge des erzeugten Melatonins pro Nacht mit der Expositionsdauer geringer.

Intermittierendes Licht verschiebt die circadiane Rhythmik deutlich effektiver als kontinuierliches Licht. Abwechslungsweise wurde für 5.3 min Licht mit 9500 lx ein- und für 19.7 min wieder ausgeschaltet. Dies ergibt für eine Dauer von 5 h eine Belichtung von 11’000 Lux-Stunden. Das sind 23% gegenüber kontinuierlichem Licht mit 47’500 Lux-Stunden. Die Wirkung betrug aber 71% derjenigen mit Dauerbelichtung. Dies kann als Adaptationseffekt gedeutet werden: Licht zu Beginn der Exposition ist wirksamer als später. Durch zwischenzeitliches Abschalten regeneriert das System und wird wieder empfindlicher. Intermittierendes Licht wirkt auch subjektiv stark aktivierend, sein Nutzen bei der Lichttherapie ist hingegen noch offen. Dort geht man davon aus, dass zwei Stunden mit 2500 lx gleich wirksam sind wie eine Stunde mit 5000 lx oder eine halbe Stunde mit 10’000 lx. Die Belichtung in Lux-Stunden scheint also die therapeutische Wirkung zu bestimmen.

3. DISKUSSION

Leben wir in der „biologischen Dunkelheit“? Dazu sind zwei Fragen zu diskutieren:

a) Wie viel „biologisch“ wirksames Licht ist an Arbeitsplätzen vorhanden?

b) Welche unspezifischen Lichtwirkungen sollen gefördert werden?

Zu a): Zuerst ist festzuhalten, dass Normen niemanden zwingen, in zu dunklen Räumen zu leben; erst der unsachgemäße Umgang damit zwingt dazu. Normen legen nur Minimalanforderungen fest. Seit jedoch Energiesparen angesagt ist und seit immer öfter auch Lichtexperten die Norm und nicht die Lichtwirkung als Argument verwenden, zeigt sich die Tendenz, den Inhalt von Normen als anzustrebende Optimallösungen zu verstehen.

Bei drei der vier diskutierten unspezifischen Lichtwirkungen wurden Schwellen von rund 100 lx nachgewiesen. Über das Ausmaß von Hornhaut-Beleuchtungsstärken am Arbeitsplatz sind kaum Angaben in der Literatur zu finden. Eine Statistik für Nacht- und Tagwächter ist in Fig. 5 rechts dargestellt. Je nach Alter der Person kann hier tatsächlich eine Unterversorgung mit Licht vorliegen. Solche Statistiken wären auch für andere Arbeitsplätze eine wertvolle Hilfe. Orientierende Messungen im Büro zeigen ein deutlich günstigeres Bild. Es sind auch große Beleuchtungsstärkeunterschiede zu erkennen. Da wir durch fortwährende Augenbewegungen zum Beispiel zwischen Fenster, Raumbegrenzungsflächen und Arbeitsfläche eine ständig sich ändernde Lichtmenge auf der Netzhaut erzeugen, ist das in Kap. 2.3 vorgestellte Ergebnis mit intermittierendem Licht bedeutsam für eine zukünftige Leuchtdichte- und Kontrastplanung. Gemäss Kap. 2.1 scheint auch Licht von oben – z.B. von einer hellen indirekt beleuchteten Decke – nicht „nur“ von psychologischer Wirkung zu sein. Nicht allein das Beleuchten der Arbeitsfläche ist somit Ziel guter Lichtgebung. Auch mit der Lichtfarbe (nicht aber mit dem Spektrum) lassen sich unspezifische Wirkungen moderieren.

Zu b): Ergebnisse zur lichtinduzierten Unterdrückung der nächtlichen Melatonin-Produktion sind zur Zeit am einfachsten zu erfassen und werden daher in der Literatur am ausführlichsten beschrieben. Für den Arbeitsplatz spielen sie kaum eine Rolle, da Melatonin nur in der Nacht entsteht. Die Abwesenheit von Melatonin am Tage liegt nicht an der unterdrückenden Lichtwirkung: Auch ohne Licht entsteht dank einer Kopplung an den circadianen Rhythmus am Tage kein Melatonin. Auf andere unspezifische Lichtwirkungen lassen sich die Ergebnisse der Melatonin-Suppression angesichts der zum Teil divergierenden Aussagen wohl nicht ohne weiteres übertragen. Auch die Verschiebung der circadianen Rhythmik findet hauptsächlich mit Licht in der Nacht statt. Außer für Schicht- und Nachtarbeiter ist eine solche auch nicht erstrebenswert. Morgen- und Abendlicht, wie auch die neu beobachtete Lichtwirkung am Tag können aber helfen, den circadianen Rhythmus zu stabilisieren.

In der aktivierenden Wirkung von Licht scheint großes Potential für die Beleuchtungspraxis zu stecken. Leider ist dies die am wenigsten untersuchte unspezifische Lichtwirkung. Auch hier sollte daran gedacht werden: Umso mehr ist nicht immer umso besser. Das Wohlbefinden und langfristig auch die Gesundheit stehen in einer umgekehrt U-förmigen Beziehung zur Aktivierung. Zu wenig wie auch zu viel Aktivierung ist beanspruchend.

Die Lichttherapie kann große Erfolge bei der Behandlung von SAD-Patienten aufweisen. Ob sie aber für Innenbeleuchtungen maßgebend sein und damit auch für gesunde Personen angewandt werden soll ist fraglich. Immerhin klagen manchmal sogar einige Patienten über Nebenwirkungen wie erhöhte Reizbarkeit und Überaktivität. Lichttherapie sollte wohl vorläufig eher wie ein Medikament behandelt werden, das man nicht der gesamten Bevölkerung präventiv verabreicht.

Der gesamte Beitrag kann hier als pdf abgerufen werden:

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in CyberLux eingestellt am: 09.12.2002

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