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Ausleuchtung und Gestaltung von Arbeitsplätzen der Endkontrolle in der Automobilzuliefererindustrie


Autor

J. Brombach / E. Keller / H. Strasser

Kurzfassung

Bei Neugestaltungen oder Veränderungen in der Endbearbeitung von Automobilteilezulieferern besteht zunehmend der Wunsch, Tätigkeiten, wenn möglich, zu automatisieren oder die Arbeitsbedingungen und -abläufe für den Menschen nachhaltig zu verbessern. Bei der Auslegung des Arbeitsplatzes und einer auf das Produktspektrum abgestimmten Beleuchtungs- und Blickfeldgestaltung müssen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden [vgl. Hartmann, 1992 und Strasser, 1993]. Die organisatorische Einbindung der Arbeitsplätze in der Endkontrolle zwischen Produktion und Versand muss darüber hinaus eine sinnvolle Tätigkeitsabstimmung sicherstellen und die Arbeitsplätze in den Materialfluss integrieren.

Beitrag

1. Einleitung
Bei Neugestaltungen oder Veränderungen in der Endbearbeitung von Automobilteilezulieferern besteht zunehmend der Wunsch, Tätigkeiten, wenn möglich, zu automatisieren oder die Arbeitsbedingungen und -abläufe für den Menschen nachhaltig zu verbessern. Bei der Auslegung des Arbeitsplatzes und einer auf das Produktspektrum abgestimmten Beleuchtungs- und Blickfeldgestaltung müssen gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden [vgl. Hartmann, 1992 und Strasser, 1993]. Die organisatorische Einbindung der Arbeitsplätze in der Endkontrolle zwischen Produktion und Versand muss darüber hinaus eine sinnvolle Tätigkeitsabstimmung sicherstellen und die Arbeitsplätze in den Materialfluss integrieren.

2. Vergleich eines neuentwickelten mit dem herkömmlichen Arbeitssystem
ei einer hier exemplarisch vorgestellten Untersuchung über den Vergleich eines herkömmlichen mit einem neu entwickelten Arbeitssystem wurden Schwachstellen an typischen Kontrollarbeitsplätzen der Automobilzuliefererindustrie, aber auch die Wirkungen gezielter Verbesserungsmaßnahmen dokumentiert. Dazu wurden nach mehr als 10-monatigem Einsatz beider Systeme die subjektiven Meinungen der 20 betroffenen Mitarbeiter in einer strukturierten Befragung eingeholt.

Gegenüber der handelsüblichen Beleuchtungsanlage mit Kompaktleuchtstofflampen ist das besondere Kennzeichnen der neuentwickelten, dreiteiligen Anlage (vgl. Abb.1) die hohe Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Kontrollgegenstände durch spezielle Lichtszenarien.


Abb.1) Oberflächeneigenschaften und Lichtszenarien

Abbildung 1 verdeutlicht die Abstimmung der drei dimmbaren Beleuchtungselemente auf verschiedenenartige Oberflächen hochbelasteter Maschinenelemente. Die Szenarien wurden so gewählt, dass, je nach der Oberflächenbeschaffenheit, d.h. den Reflektionseigenschaften des Prüfobjektes, die konturverstärkende Wirkung von „Licht und Schatten“ durch das gerichtete Licht (Spotbeleuchtung) genutzt wird oder ggf. die Ausleuchtung stärker durch diffuses Licht (Grundbeleuchtung) vorgenommen wird, um Spiegelungen auf den Oberflächen zu vermeiden. Die Beleuchtung unterhalb einer hellbraunen Sicherheitsglasplatte – die farblich in Anlehnung an die Gegenfarbe der metallischen Stanzteile gehalten ist – ermöglicht es weiterhin, die Leuchtdichte des Untergrundes auf das von oben angestrahlte Prüfobjekt abzustimmen [vgl. Brombach et al., 2001].

Gegenüber den reinen „Kontrolltischen“ werden die überprüften Teile beim neuen Arbeitssystem zusätzlich direkt verpackt. Neben den visuell/mental beanspruchenden Kontrolltätigkeiten fallen so regelmäßig, nach etwa 15 min, manuelle Tätigkeiten an. Weiterhin wurden die Handhabungen durch eine Hubvorrichtung für die Transportbehälter und einen Rollgang für die Verpackungskisten erheblich erleichtert.

3. Ergebnisse
Die hier getroffene, knappe Auswahl von Ergebnissen, die mit dem Fragebogen gewonnen wurden, der insgesamt 54 Items umfasste, zeigt, dass durch gezielte Maßnahmen ein nicht befriedigender Ausgangszustand in nachhaltig verbesserte Arbeitsbedingungen überführt werden konnte.

Die zwischen „etwas“ und „sehr abwechslungsreich“ beurteilte Abstimmung der Tätigkeiten mit einem Mittelwert von „2,6“ in Abb. 2 und die überaus günstig eingeschätzte Gestaltung des neuen Arbeitssystems („+2,9“) in bezug auf den Materialtransport und die notwendigen Handhabungen, sowie die Trennung zwischen kontrollierten und noch nicht überprüften Produkten, verdeutlichen beispielhaft wesentliche Vorzüge des neuen Arbeitssystems.


Abb.2: Beurteilung der Tätigkeitsabstimmung und der organisatorischen Einbindung des alten und neuen Arbeitssystems.

Vor allem in der besseren Beurteilung der Erkennbarkeit auftretender Fehler in Abb. 3 – mit einer Erhöhung des Rating-Wertes von annähernd „etwas schlecht“ („-0,9“) auf „recht gut erkennbar“ („+2,9“) – zeigt sich die Stärke der neuen Beleuchtungsanlage. Die Auswertungen zu Fragestellungen zur visuellen Beanspruchung und der Konzentrationsfähigkeit nach längeren Tätigkeiten ergänzen die positive subjektive Beurteilung des neuen Arbeitssystems.


Abb.3 Beurteilung der Erkennbarkeit auftretender Fehler sowie der nötigen Anstrengung und Konzentration nach längeren Tätigkeiten am alten und neuen Arbeitssystem

Beide Arbeitsysteme wurden darüber hinaus bei der Beurteilung des störenden Auftretens von Kopfschmerzen, Spiegelungen und Blendung zurückhaltend eingestuft. Wie Abb. 4 verdeutlicht, kommt die hohe Akzeptanz der neuen Beleuchtungsanlage jedoch in der differenzierten Beurteilung der Lichtszenarien zum Ausdruck, die per „Tastendruck“ gewählt werden können.


Abb.4: Beurteilung der drei vorgegebenen Lichtszenarien

Die über Taste 1 auszuwählende Lichtszene ermöglicht für beinahe alle Befragten (94%) das gute Erkennen der Oberflächenstruktur heller, kugelgestrahlter Teile. Bei Lichtszene 2 sind die Verhältnisse ähnlich günstig. Positiv herauszustellen ist, dass selbst die äußerst schwierig zu untersuchenden Elemente mit glänzenden bzw. stark verölten Oberflächen mit Hilfe der Lichtszene 3 von 78% der Befragten als gut erkennbar eingestuft wurden. Ohne im Folgenden alle Detailunterschiede in der Beurteilung der Beleuchtung „von Oben“ und „von Unten“ weitergehend zu interpretieren, liefert die vorliegende Auswertung das Ergebnis, dass die voreingestellten Lichtszenen dazu führen, dass der Großteil der Befragten die Oberflächenstruktur der unterschiedlichen Produkte gut erkennen kann und die gewählte Einstellung der Beleuchtungselemente für passend hält.

Diskussion
Aus der Sicht der Mitarbeiter wurde der regelmäßige Wechsel zwischen „Kontrollieren“ und „Verpacken“ gegenüber den Einzweckarbeitsplätzen deutlich besser beurteilt. Obwohl aufgrund der kundenspezifischen Verpackungseinheiten die Umgestaltung von Kontrollarbeitsplätzen in der Praxis mitunter einen nicht unerheblichen Aufwand bedeuten kann, erschließt sich gerade darin ein großes Verbesserungs- und Rationalisierungspotential.

Über die offensichtlich positive Beurteilung der Beleuchtungsanlage und der prüfobjektspezifischen Lichtszenarien hinaus, ist eine weitere Feinabstimmung der Lichtszenen nur auf der Grundlage subjektiver Einschätzungen und objektiver Leistungstests in Laborversuchen unter konstant gehaltenen Umgebungsbedingungen möglich. Schon jetzt ist aber festzustellen, dass gegenüber der handelsüblichen Beleuchtungsanlage, die natürlich einen möglichst großen Tätigkeitsbereich abdecken soll, die differenzierte Ausgestaltung von Lichtszenen bei verschiedenartigen Kontrollobjekten vielversprechend ist.

Als ein „Barometer der Akzeptanz“ kann abschließend die Auswertung aus Abb. 5 gesehen werden.


Abb.5: „Benotung“ des alten und des neuen Arbeitssystems durch die 20 Mitarbeiter

Der erfreulich hohe Grad der Akzeptanz des neuen Arbeitssystems bei den Mitarbeitern zeigte sich im vorliegenden Fall also nicht nur in der Beurteilung einzelner, isolierter Umgestaltungsmaßnahmen der Arbeitsbedingungen, d.h. Veränderungen des Arbeitsplatzes, der Arbeitsinhalte und -abläufe oder der Beleuchtungsverhältnisse, sondern eben auch in der vorteilhaften Einschätzung des gesamten Systems.

Literaturhinweise:
[1] HARTMANN, E., Licht und Mensch. Kap. I-2: In: Schweizerische Lichttechnische Gesellschaft (Hrsg.): Handbuch für Beleuchtung.1-18, 5. Auflage. Ecomed Fachverlag; Landsberg, 1992
[2] STRASSER, H., Ergonomie – Arbeitsplatz. Kap. 2.5.3: Beleuchtung. In: Th. Hettinger und G. Wobbe (Hrsg.): Kompendium der Arbeitswissenschaft. 288-318, Kiehl-Verlag; Ludwigshafen/Rhein, 1993
[3] BROMBACH, J.; KELLER, E. und H. STRASSER: Arbeitswissenschaftliche Optimierung von Kontrolltätigkeiten hinsichtlich Arbeitseffizienz und Beanspruchung. In: Arbeitsgestaltung – Flexibilisierung – Kompetenzentwicklung. Proceedings des 47. Arbeitswissenschaftlichen Kongresses der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft, GfA Press, Dortmund, 507-510, 2001

Den gesamten illustrierten Beitrag können Sie hier als PDF-Datei einsehen.

Autorenangaben:
Dipl.-Wirt.-Ing. J. Brombach
Dr.-Ing. E. Keller
Prof. Dr.-Ing. habil. H. Strasser
Universität Siegen,
Institut für Fertigungstechnik Arbeitswissenschaft
Ergonomie Paul-Bonatz-Str. 9-11,
57 068, Siegen

Tel.: 0271/740 2252
Fax: 0271/740 2740


© 2002 Dipl.-Wirt.-Ing. J. Brombach • Dr.-Ing. E. Keller • Prof. Dr.-Ing. habil. H. Strasser

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