Licht für Gesundheit

CyberLux

Wie viel Tageslicht welcher Qualität brauchen wir in Gebäuden?


Autor

Dr.-Ing. Ahmet E. Cakir

Kurzfassung

Bereits der Titel des Beitrags, den der Veranstalter (FitLicht) vorgeschlagen hatte, enthält drei Worte, die einer Klärung bedürfen. Das erste Wort, Tageslicht, scheint jedem geläufig zu sein. Das ist das Licht, das von der Sonne auf der Erde erzeugt wird. Doch in Verbindung mit dem Wort „Gebäude“ gewinnt das Wort „Tageslicht“ eine neue Qualität – oder, besser gesagt, das Licht der Sonne verliert mächtig an Quantität und Qualität, wenn es in ein Gebäude kommt.

Auch das Wort „Qualität“ bedarf einer näheren Betrachtung, obwohl es jedem ein Begriff zu sein scheint. Dummerweise sind es zwei Begriffe, von denen keiner falsch ist. Falsch indes handelt man, wenn man die Mehrdeutigkeit des Wortes unberücksichtigt lässt. Noch falscher ist zudem, wenn Quantität und Qualität gleichgesetzt werden, was in der lichttechnischen Normung bis zur letzten Fassung der gültigen Norm DIN EN 12464-1 der Fall ist. In dieser wird ausgesagt: „Gute Beleuchtung bedingt, dass zusätzlich zu den geforderten Beleuchtungsstärken quantitative und qualitative Anforderungen erfüllt werden.“ (DIN EN 12464-1:2011-8)

Das heißt, dass eine quantitative Größe, Beleuchtungsstärke ohne Begründung gefordert wird, und weitere „Anforderungen“ erfüllt werden sollen. Das wäre durchaus zulässig, wenn der Sinn der Forderung implizit gegeben wäre. Beispielsweise kann man bei Kühlschränken ein gewisses Volumen fordern, ohne gleichzeitig angeben zu müssen, dass das Gerät in der Lage sein muss, die darin abgelegten Materialien angemessen zu kühlen. Dies ist zulässig, weil anderweitig feststeht, was ein Kühlschrank können muss.

Bei Beleuchtung gehen nicht nur Laien davon aus, dass die Forderung nach Beleuchtungsstärken durch die Sehleistung begründet sei. Das ist ein ziemlich lückenlos verbreiteter Irrtum, weil Sehleistung erstens nicht definiert ist, und zweitens seit etwa 50 Jahren bekannt ist, dass eine Forderung, die auf der Sehleistung basiert, nur zu geringen Beleuchtungsstärken führen kann. Die Basis der heute geforderten Beleuchtungsstärkewerte ist das Erscheinungsbild von Räumen, aus dem man nach einem methodisch nicht haltbaren Verfahren diese Werte abgeleitet hat. Die Beleuchtungsstärke in der horizontalen Ebene hat so gut wie nichts mit dem Erscheinungsbild von Arbeitsräumen gemein. Dieses entsteht mittelbar durch die Eigenschaften der eingesetzten Technik bedingt weitgehend zufällig. Außer dass ein Lichtplaner es gezielt erzeugt, wobei zu beachten ist, dass 95% der Arbeitsräume ohne zutun eines qualifizierter Lichtplaners beleuchtet werden.

Die so auf abenteuerlichem Wege festgelegten Werte werden heute als Grundlage der Beurteilung von Tageslicht in Innenräumen benutzt. Auch die den Festlegungen bezüglich der Energieeffizienz zugrundeliegenden Werte sind ohne Begründung. Kurz gesagt: Die Basis der Festlegungen in Beleuchtungsnormen ist methodisch mehr als fragwürdig. (mehr unter: http://www.cyberlux.de/deutsch/articles/planner/gesetze/cakir4/Beleuchtungsstaerke.pdf Die Basis der Festlegung der (vorgeblich) wichtigsten Größe ist nicht die Sehleistung, sondern das Erscheinungsbild von Umgebungen (in Modellversuchsräumen). Das Resultat – die Horizontalbeleuchtungsstärke – ist für die Beschreibung des Aussehens von Umgebungen weder geeignet noch angemessen. Als Basis für die Festlegung Tageslichtversorgung sind die Horizontalbeleuchtungsstärkewerte für die künstliche Beleuchtung ungeeignet.

Dieser Beitrag beschreibt, wie man den Qualitätsbegriff auf die im Titel des Beitrags angegebene Zielsetzung anwenden kann. Danach ist Qualität die Eignung eines Betrachtungsgegenstands für den vorgesehenen (bzw. implizierten) Zweck. Kurz gefasst: Fit for purpose. Für die Beleuchtung mit Tageslicht kommen nach Ansicht des Autors vier Ziele in Betracht:

  • Bewusstes Sehen von Arbeitsobjekten
  • Wohlfühlen mit Licht (anregende Umgebung)
  • „Circadiane“ Wirkungen (Aktivieren mit Licht)
  • Sichtverbindung nach außen
Gute Beleuchtung bedingt, dass zusätzlich zu den
geforderten Beleuchtungsstärken quantitative und
qualitative Anforderungen erfüllt werden. (DIN EN
12464-1:2011-8)

Für jedes dieser Ziele kann man Anforderungen an die Quantität und besonders wichtige Qualitätsmerkmale (Farbe, Spektrum, Blendung, thermische Störungen) ableiten. Die Einzelheiten werden in den Folien des Autors dargelegt.

Eine Schlussfolgerung des Beitrags ist, dass es gesundes Tageslicht im Innenraum nicht geben wird, weil die Verglasung lebenswichtige Teile des natürlichen Lichts wegfiltert, insbesondere UV. Dadurch hat in den Industrieländern ein erheblicher Teil der Bevölkerung ein Vitamin D-Defizit bereits in den Sommermonaten. Dieser Mangel wird in der Literatur mit einer großen Zahl von Erkrankungen in Verbindung gebracht, die bis in tödliche Krebsarten reichen.

Mit zunehmender Umsetzung der Vorstellungen zur Energieeffizienz von Gebäuden werden diesbezügliche Probleme zunehmen.

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