Autor
Ludwig Gall
Kurzfassung
Farbmetrik für Pigmentverarbeiter
Farbe ist eine Empfindung, die nur im Gehirn eines Beobachters existiert. Sie bestimmt zusammen mit Helligkeit, Glanz und Form das Erscheinungsbild aller Objekte, die wir mit unbewaffnetem Auge wahrnehmen können. Helligkeit, Glanz und Farbe sind an sich keine Merkmale, die man beliebig auseinander dividieren kann. Dennoch hat sich die Technik, die sich mit der “Helligkeit” befasst, die Lichttechnik, zu einem hohen Grad von der Farbenlehre entfernt, was man auch an den entsprechenden Lehrpersonen an Hochschulen beobachten kann. Die Farbenlehre wiederum besteht nicht in Form einer geschlossenen Theorie, was man sehr schön anhand der vielfältigen “Farbsysteme” sehen kann, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind.
Wie blumig man auch die Empfindung beschreiben möchte, muss man sich der nüchternen technischen Aufgabe stellen, Mittel zu finden, die Farbe in Produkte und Räume bringen. Einst eine wahrlich staatstragende Aufgabe – für die Farbe der Toga des Römischen Kaisers, die nur er tragen durfte, mussten Tausende Purpurschnecken ihr Leben lassen. Später mussten Färbergesellen reichlich Alkohol trinken, um aus Färberwaid Indigo zu produzieren. Blaumachen war einst harte Arbeit – bis Otto Unverdorben mit der Herstellung von Anilin (anil = portugiesisch indigo) aus Indigo den Weg für eine neue Industrieproduktion öffnete. Der Name manchen namhaften Chemieunternehmens rührt von diesem Stoff her (BASF = Badische Anilin- und Sodafabrik; AGFA = Aktiengesellschaft für Anilinfarben).
Mit der wunderbaren Vermehrung der Möglichkeiten, Farbe in Dinge einzubringen, entstand auch ein Bedarf danach, diese eindeutig zu messen und zu beschreiben. Die Website http://www.farbmetrik-gall.de stellt eine vielseitige Informationspalette für und um die Messung von “Farbe” zur Verfügung. Anders als der Begriff “Farbmetrik” vermuten lässt, kann man allerdings die Ursachen von Farbe messen – die Farbe selbst entsteht im Gehirn und ist einer Messung nicht zugänglich.
Der Beitrag gibt eine kurze Einleitung in das Thema, das der Autor, ein ausgewiesener Kenner der Materie für das Web aufbereitet hat. Die Gesamtheit des Werkes steht auf CD zur Verfügung.
Beitrag
Was ist „Farbe“?
Der Begriff „Farbe“ hat im Deutschen eine unglückliche Doppelbedeutung. Einmal die streng wissenschaftliche, wonach Farbe eine Sinnesempfindung darstellt, in dem Sinne, wie man etwa im Alltag eine „schöne Farbe“ lobt. Zum andern kann man im Deutschen – ganz im Gegensatz zu anderen Sprachen „Farbe“ eimerweise im „Farbenhandel“ kaufen, es gibt sogar „Farbenfabriken“ und der Chor in Carmina Burana singt „Kramer gib die Farbe mir,“ womit sicher irgendwelche „Körperfarben“ gemeint waren. Ein Amerikaner kann im Supermarkt keine „Color“ kaufen, ebenso wenig wie der Franzose „Couleur“! In der zweiten Sinnbedeutung geht es also offenbar um etwas materielles, nämlich um Farbmittel, mit denen man Dinge farbig machen kann.
Die Doppelbedeutung des Farbenbegriffs wäre nicht weiter schlimm, wenn sie nicht sogar die Farbwissenschaftler – von Goethe angefangen – in Verwirrung brächte! Bliebe man bei der strengen Bedeutung als Sinnesempfindung, dann gäbe es die für Laien so schwierige Unterscheidung zwischen additiver und subtraktiver Farbmischung nicht. Empfindungen können sich nicht subtrahieren. Jede Farbempfindung ist additiv!
Farbmetrik
In der Farbmetrik geht es um die Messung, Beschreibung und Bewertung von Farben und Farbunterschieden mit Farbwerten, Zahlen also, welche die von farbigen Flächen ausgehenden Farbempfindungen quantitativ und objektiv beschreiben. Farbe wird in der Website von Dr. Gall als eine Ursache-Wirkungskette behandelt.
Die Farbempfindung wird im Wahrnehmungsapparat in der Regel ausgelöst durch eine Mischung von Lichtstrahlen unterschiedlicher Wellenlänge. Alle Wellenlängen zusammen, der ganze Wellensalat wird als langweiliges „weißes Rauschen“ empfunden. Erst wenn man durch Farbmittel dem Wellensalat bestimmte Wellenbereiche (absorptiv) entzieht, entsteht der Farbreiz. Erst der Mangel macht den Reiz!
Wie die Farbmittel das machen, wird in der Website (im Gegensatz zu anderen Farbmetrikwerken) ausführlicher behandelt.
Gemessen wird mit Spektralphotometern eigentlich nicht die Farbe, sondern deren Ursache, nämlich die Lichtwellenmischung die von einer farbigen Fläche ausgeht: Bei Aufsichtsfarben das R-Spektrum. Was Auge+Gehirn, der Wahrnehmungsapparat daraus machen, wird mit Hilfe von mathematischen Modellen umgesetzt in die die Farbwerte X,Y und Z, den Grad der Anregung der „Rot-, Grün- und Blauempfänger“ „im Auge“. Zu anschaulicheren Werten kommt man anschließend durch Transformation der X,Y,Z- in die CIELAB-Werte, die sich sogar als Koordinaten eines Farbenordnungssystems eignen, wie das vom Autor geschaffene RAL-Design-System beweist. In der
industriellen Farbmetrik
geht es vornehmlich um die quantitative Bewertung von Farbunterschieden in der
Qualitäts-Kontrolle
farbiger Erzeugnisse, wozu es weiterer Transformationen der CIELAB-Werte bedarf.
Die analytische Farbmetrik
macht Farbe aus optischen Materialkonstanten (wellenlängenabhängige Lichtabsorptions-und –Streukonstanten) berechenbar und vorhersagbar. So können aus den optischen Daten von Farbmitteln
Farbrezepte
berechnet werden, die Mischungsverhältnisse geeigneter Farbmittel um z.B. eine „Fassadenfarbe“ oder einen PKW-Lack nach Farbvorlage zu gestalten.
Weiter führende Informationen auf der Website von Dr. Gall hier