Licht für Gesundheit

Wandel der Büroarbeit – Wandel der Beleuchtung


Autor:

Sylke Neumann

Kurzfassung

Bedeutung der ganzheitlichen, systematischen Vorgehensweise bei der Planung der Beleuchtung, insbesondere hinsichtlich der Entwicklung der Bildschirmtechnologie, der Arbeitsflächen und neuer Tischflächenformen, der Ausrichtung der Bildschirme und der Anordnung der Arbeitsplätze im Raum sowie neuer Raumkonzepte und Organisationsformen für die Büroarbeit.

Folien der Referentin als pdf vortrag neumann

Beitrag

Seit der Einführung der Computertechnik in den letzten Jahrzehnten haben sich die Bedingungen für die Büroarbeit ständig gewandelt. Die Computertechnik selbst, Soft- und Hardware, wird ständig weiterentwickelt.

Die Dienstleistungsgesellschaft, in der wir uns befinden, verlangt eine hohe Flexibilität und Kreativität bei der Erledigung der Arbeitsaufgaben. Für die Mitarbeiter müssen Arbeitsmittel, Arbeitsplätze und Arbeitsumgebung sowie die Arbeitsorganisation an diese Anforderungen angepasst werden. Die Möglichkeit des Datenaustausches, der Kommunikation und Information über Intra- und Internet per E-Mail erlauben es, die Büroarbeit sowohl zeitlich als auch örtlich flexibel auszuführen.

Aus diesen Gesichtspunkten heraus sind in den letzten Jahren neue Organisationsformen für die Büroarbeit entstanden, die durch neuartige Raumkonzepte ergänzt werden. Auch die Möblierung der Büroräume hat auf diese Entwicklung Rücksicht genommen.
Um Beleuchtungsanlagen zu planen, die beim Betreiber und bei den Mitarbeitern eine hohe Akzeptanz erzielen, müssen diese Tendenzen berücksichtigt werden. In diesem Vortrag werden die Aspekte vorgestellt; die für die Beleuchtungsplanung am wichtigsten sind.

Soft- und Hardware

Reflexionen auf dem Bildschirm, hervorgerufen durch Fenster, Leuchten oder andere Flächen mit hohen Leuchtdichten, können die Lesbarkeit der Bildschirmanzeige verschlechtern und beim Mitarbeiter zu gesundheitlichen (asthenopischen) Beschwerden wie Kopfschmerzen, Flimmern vor den Augen u.a. führen. Daher müssen die Anzeigequalität der Bildschirme hinsichtlich Reflexionen und die Beleuchtung aufeinander abgestimmt werden.

Die noch relativ neue international gültige Norm DIN EN ISO 9241-7 [1] legt ein Verfahren fest, nach dem die Bildschirme hinsichtlich ihrer Entspiegelungsgüte in Positivdarstellung (schwarze Zeichen auf hellem Untergrund) und Negativdarstellung (weiße Zeichen auf schwarzem Hintergrund) zur Vergabe von GS- und BG-PRÜFZERT-Zeichen geprüft werden. (Herr Dr. Schäfer wird in seinem nachfolgenden Vortrag näher darauf eingehen).

Entsprechend der Entspiegelungsgüte und der Darstellungsart der Bildschirmanzeige geben die BGI 650 [2] und der Entwurf der Norm DIN 5035-7 [3] Leuchtdichten für Flächen und Leuchten vor, die sich im Bildschirm spiegeln können (siehe Vortrag Herr Leibig). Die Abbildung 1 zeigt drei unterschiedlich gut entspiegelte Bildschirme. Der abgebildete LCD-Flachbildschirm weist eine sehr hohe Entspiegelungsgüte auf. Bei dem Einsatz solcher Bildschirme spielen störende Reflexionen keine Rolle.

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Abb.1 Unterschiedlich gut entspiegelte Bildschirme

Auch wenn heute schon schätzungsweise in ca. 10% der Büros Flachbildschirme verwendet werden, wird auch noch in den nächsten Jahren für die Beleuchtungsplanungen von einer Ausstattung mit Bildschirmen mit Kathodenstrahlröhren auszugehen sein, da vor allem bei hochwertigen LCD-Bildschirmen nicht mit einem starken Preisabfall zu rechnen ist.

Außerdem sind bei weitem nicht alle LCD-Bildschirme sehr gut entspiegelt; und dann ist ein weiterer wichtiger Aspekt zu berücksichtigen:
Um bei der Bildschirmarbeit eine ergonomische Arbeitshaltung einnehmen zu können, bei der eine Verspannung der Schulter-Nackenmuskulatur vermieden wird, ist es günstig, wenn der Bildschirm bis zu 35° nach hinten geneigt wird (Abbildung 2).

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Abb.2 Entspannte Kopfhaltung bei der Bildschirmarbeit

Aufgrund ihrer Bautiefe ist dies bei Bildschirmen mit Kathodenstrahlröhren in der Regel nicht ohne weiteres möglich, während die meisten LCD-Bildschirme soweit geneigt werden können (Abbildung 3). Die Gefahr der Spiegelung von Leuchten oder anderen hellen Flächen an der Decke ist damit wiederum höher, was bei der Auswahl der Leuchten hinsichtlich ihrer Lichtverteilung und Blendungsbegrenzung zu berücksichtigen ist.

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Abb.3 Möglichkeit der Neigung eines Bildschirms mit Kathodenstrahlröhren und eines LCD-Bildschirms

Bei der Auswahl der Leuchten ist, wie schon erwähnt, die Darstellungsart der Anzeige zu beachten. Sowohl Software als auch zeitgemäße Hardware lassen eine flimmerfreie Bildschirmanzeige in einer Positivdarstellung zu. Bei CAD- und auch Grafikanwendungen muss jedoch damit gerechnet werden, dass die Mitarbeiter eine Negativdarstellung vorziehen, da farbige, kleine Sehdetails damit besser erkannt werden.

Schreibtische

Die Arbeitsfläche der Schreibtische muss ausreichend groß sein, um die notwendigen Arbeitsmittel ergonomisch auf dem Arbeitstisch anordnen zu können und für die Erledigung der Tätigkeiten ausreichenden Platz zu bieten. Die Norm DIN 4543-1 [3] fordert eine Mindestgröße von 1600 mm x 800 mm bzw. 1,28 m2.

Für die Aufstellung von Bildschirmen mit Bautiefen über 450 mm sind tiefere Tische notwendig. Werden nur wenige Arbeitsmittel benötigt, z. B. bei ausschließlicher Tätigkeit am Bildschirm, kann die Arbeitsfläche bis auf eine Mindestgröße von 1200 mm x 800 mm bzw. 1,28 m2 verringert werden.

Am Schreibtisch muss eine Benutzerfläche von mindestens 1000 mm Tiefe vorgesehen werden, um den Mitarbeitern ausreichend Raum zum dynamischen Sitzen und zur freien Bewegung zu bieten. Arbeits- und Benutzerfläche ergeben den Arbeitsbereich (Abbildung 4) (siehe auch Vortrag von Herrn Leibig).

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Abb.4 Flächenmaße am Büroarbeitsplatz nach DIN 4543-1

Schon seit geraumer Zeit haben sich in den Büros für Arbeitsaufgaben, die aus mehreren Teiltätigkeiten bestehen, Schreibtische bewährt, die aus verketteten Elementen kombiniert werden. In den letzen Jahren sind noch Schreibtische mit sogenannten Freiformplatten dazu gekommen. In Abbildung 5 sind einige verschiedene Tischflächenformen in unterschiedlichen Anordnungen dargestellt.
Von der Größe und der Form der Tischflächen ist es abhängig, wo der Bildschirm aufgestellt wird, wie die Arbeitsplätze im Raum angeordnet werden können, wo sich verschiedene Arbeitsbereiche und Bereiche für Verkehrswege ergeben. Dies sind wichtige Kriterien für eine detaillierte, abgestimmte Beleuchtungsplanung.

Wenn die Lage der Arbeitsbereiche im Büroraum bekannt ist, kann die Beleuchtung darauf ausgerichtet und räumlich akzentuiert werden. Ist zudem eindeutig, wo im Arbeitsbereich Teilflächen mit unterschiedlichen Sehaufgaben liegen, können diese durch die Beleuchtung noch stärker berücksichtigt und hervorgehoben werden.

Eine neuere Tendenz macht dies jedoch schwierig: Für das Variable Büro – einer der neuen Organisationsformen für die Büroarbeit – werden Schreibtische, Container und andere Einrichtungsgegenstände mit Rollen ausgerüstet. Dazu später mehr.

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Abb.5 Schreibtische mit verschiedenen Tischflächenformen in unterschiedlichen Anordnungen

Raumkonzepte und Organisationsformen

Um einerseits Kosten zu sparen sowie flexibel auf die jeweiligen Wettbewerbssituationen des Marktes reagieren zu können und andererseits die Kreativität ihrer Mitarbeiter anzuheben, suchen die Unternehmen nach neuen Wegen, die Kapazität der Bürogebäude intensiv zu nutzen, die Kommunikation untereinander und somit die Ideenfindungen zu fördern und Hierarchien abzubauen. Innovative Raumkonzepte und moderne Organisationsformen werden als mögliche Lösungen angesehen.

Neue Organisations- und Raumkonzepte bringen jedoch auch besonders für die Planung der Umgebungseinflüsse am Arbeitsplatz – Klima, Akustik und Beleuchtung – erhöhte Anforderungen mit sich. Die jeweiligen Besonderheiten müssen in ihrer wechselseitigen Wirkung im Arbeitssystem von der ersten Planungsphase an beachtet werden, um abgestimmte Lösungen zu finden und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu sollen einige Hinweise gegeben werden:

  • Mit dem Raumkonzept Kombibüro sollen die Vorteile von Einzel- und Gruppenbüros zusammengefasst werden. In den Zellenbüros können die Mitarbeiter konzentriert arbeiten; die angrenzende Raumzone wird gemeinsam genutzt. Sie unterstützt den zufälligen, informellen Austausch zwischen den Mitarbeitern. In der Gemeinschaftszone werden auch Besprechungsbereiche vorgesehen.
  • Die Beleuchtung in den einheitlich, feststehend möblierten Einzelbüros kann exakt auf den Arbeitsbereich (Tisch und Bewegungsfläche) abgestimmt und zusätzlich für die unterschiedlichen Teilflächen ausgelegt werden.
  • In der Gemeinschaftszone sollte auch durch die Beleuchtung die Kommunikation gefördert werden. Zusätzlich muss hier die Beleuchtungslösung die lichttechnischen Anforderungen für die einzelnen funktionalen Bereiche, z. B. Aktenablage, Kopieren usw., erfüllen. Wegen der Transparenz zwischen Einzelbüros und Gemeinschaftszone gilt es, die Beleuchtungskonzeptionen hinsichtlich ihrer lichttechnischen und gestalterischen Eigenschaften aufeinander abzustimmen.
  • Mit dem Konzept Variables Büro können in größeren Räumen Arbeitsplätze und Stellwände durch Rollen an den Möbeln und Raumgliederungselementen so angeordnet werden, dass für aktuell anstehende Arbeiten, z. B. Arbeiten in Projektgruppen oder Arbeiten konzentriert allein, eine günstige Gruppierung entsteht. Die Beleuchtung muss dafür im gesamten Raum gleich gute Bedingungen liefern. Mit den Arbeitsplätzen mitführbare Leuchten können eine Grundbeleuchtung des Raumes ergänzen.
  • Möbelhersteller bieten für die schnelle Umstrukturierung der Bürolandschaft und auch für die Einrichtung großer, hallenartiger Räume Raum-in-Raum-Systeme an. Büroraumzellen können aus schnell montierbaren und demontierbaren meist transparenten Einheiten universell aufgebaut und mit mobilen Möbeln ausgestattet werden. Dieses Konzept ist vor allem dann kritisch zu sehen, wenn eine Sichtverbindung nach außen für die Mitarbeiter nicht mehr gegeben ist. Zudem sind eine akzeptable akustische Gestaltung, Klimatisierung und auch Beleuchtung schwierig oder gar nicht realisierbar.
  • Call Center werden in zunehmenden Maße in Unternehmen eingerichtet, die für ihre Kunden einen Telefonservice meist über eine lange Zeit des Tages oder rund um die Uhr anbieten. Call Center können auch eigenständige Unternehmen sein, die diese Kundenkontakte im Auftrag abwickeln. Andere Call Center werden tätig, um Kunden zu gewinnen, Befragungen oder Telefonverkauf durchzuführen.
  • Obwohl dies technisch nicht notwendig und für die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze schwierig ist, werden Call-Center-Arbeitsplätze meist in größeren Räumen eingerichtet, um ein sogenanntes Monitoring (Hilfestellung, Beratung aber auch Überwachung der Agenten durch einen Super-Agent) durchzuführen. Die Arbeitsplätze können linear oder ring- bzw. sternförmig in Gruppen angeordnet sein. Diese Arbeitsplatzgruppen können zu Arbeitsbereichen, für die die Beleuchtung jeweils ausgerichtet wird, zusammengefasst werden.
  • Ebenso sind in den meisten Call-Center-Büros die Bereiche für die Verkehrswege fest vorgesehen, sodass eigens dafür die Beleuchtung geplant werden kann. In Call Centern wird oft im Schichtbetrieb gearbeitet. Durch z. B. individuell zuschaltbare oder dimmbare Leuchten kann den Mitarbeitern die Chance gegeben werden, das Licht auf ihre sich im Tagesverlauf ändernden Bedürfnissen anzupassen. Auch Lichtmanagementsysteme sind denkbar.
  • Die heutigen Möglichkeiten des Datenaustausches werden genutzt, um für die Mitarbeiter die Tätigkeit unabhängig vom Standort des Büros vorzusehen, z. B. im Büro zu Hause (Teleheimarbeitsplatz). Für Teleheimarbeitsplätze gelten die gleichen sicherheitstechnischen und ergonomischen Anforderungen, wie für die Arbeitsplätze im firmeneigenen Büro. Auch die lichttechnischen Festlegungen müssen eingehalten werden. Dafür ist der Unternehmer verantwortlich.
  • Bei der Planung der Beleuchtung sollte besonders auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters eingegangen werden, indem die Anlage dem häuslichen Charakter des Raumes nicht entgegensteht und der Mitarbeiter soweit wie möglich bei der Auswahl der Leuchten einbezogen wird.
  • Um für den Mitarbeiter zu Hause die Verbindung zum Unternehmen und den Kollegen sowie eine zeitweise Zusammenarbeit zu gewährleisten, sollten im Büro des Unternehmens Arbeitsplätze für die „Telearbeiter“ zur Verfügung stehen. Eine Lösung hierfür oder auch für Bereiche, in denen die Mitarbeiter häufig im Außendienst tätig sind, kann das Desk Sharing bieten.

Beim Desk Sharing sind für die Mitarbeiter in den Büros des Unternehmens eine geringere Anzahl von Arbeitstischen vorhanden, die sie bei Anwesenheit nutzen können. Die Arbeitsplätze sind nicht mehr an einen Mitarbeiter gebunden. Unterstützt wird diese Organisationsform häufig durch mobile Container für die persönlichen Unterlagen der Mitarbeiter, die an nicht besetzte Arbeitstische mitgenommen werden können.

Da für Desk Sharing jede Raumkonzeption infrage kommen kann, sollten für die Beleuchtungsplanungen die jeweiligen Randbedingungen berücksichtigt werden.

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Normen, BG-Informationen

[1]    DIN EN ISO 9241-7 Ergonomische Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten; Anforderungen an visuelle Anzeigen bezüglich Reflexionen
[2]    BGI 650 Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung; BG-Information der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, SP 2.1
[3]    DIN 4543-1 Büroarbeitsplätze – Flächen für die Aufstellung und Benutzung von Büromöbeln – Sicherheitstechnische Anforderungen – Prüfung –

eingestellt in CyberLux in 2001 (Folien) und 2003 (Artikel in der vorliegenden Form

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