Licht für Gesundheit

CyberLux

Und ewig leuchtet das LED-Licht für den PC-Benutzer


Kurzfassung

LED ist das Zauberwort für alle, die eine neue Ära in der Technik der Lichterzeugung einläuten wollen bzw. eingeläutet haben. Entgegen den Erwartungen, die vom Marketing geschürt werden, muss die LED-Technik noch mit vielen Problemen kämpfen. So wird die „circadiane“ Wirkung überall hervorgehoben und behauptet, das Licht mache „munter“ wegen des Blauanteils. Es gibt sogar LED-beleuchtete Monitore, die die circadiane Rhythmik verschieben sollen, damit der Benutzer länger wach bleibt. Ob dies überhaupt erwünscht ist bzw. zu welcher Tageszeit, wird hingegen kaum diskutiert. Dass die vorgeblich „circadian“ wirksame Beleuchtung eine völlig andere räumliche Verteilung des Lichts im Arbeitsbereich bedingt, wird gerne verschwiegen. Und eine alte Plage, das Flimmern des Bildschirms, ist wieder zurück, mittelbar bedingt durch den Einsatz von LED als Hintergrundbeleuchtung.

Dieser Beitrag beleuchtet die Entwicklung aus Sicht der Gesundheit im Jahre 2014.

Beitrag

Zum Begriff – Leuchten und Beleuchten

Dieser Artikel sollte die Beleuchtung für den PC-Benutzer behandeln, worunter der Autor die Lampen und Leuchten am Arbeitsplatz verstanden hätte – und naturgemäß deren sinnvolle Auswahl und Anordnung. Leichter war das Thema einst, als das Bildschirmgerät im Betrieb stand und mit High-Tech-Produkten der Lichttechnik beleuchtet wurde. Bildschirmarbeitsplatzleuchte bzw. BAP-Leuchte hieß das Produkt, das ein Elektrokonzern ganz und gar uneigennützig für diesen Zweck zur Verfügung stellte. Früher ein Nischenprodukt mit einem Namen, der in sich widersprüchlich war – Dark Light Leuchte – eroberte sie unter dem neuen Namen deutsche Büros.
Mittlerweile sitzt der PC-Arbeiter auch in seiner Freizeit am PC, zuweilen länger am Stück im Betrieb. Und der Bildschirm hat sich zu einer ordentlichen Leuchte entwickelt. Während man den Leuchten, die zur Beleuchtung gedacht sind, ausweichen kann, indem man sich umdreht oder die lästigsten ausschaltet, gibt es beim Bildschirm, Pardon Monitor, keine Fluchtmöglichkeit.
Dieser Artikel befasst sich deswegen mit den Folgen der gewollten sowie der ungewollten Beleuchtung insbesondere für die Gesundheit des Menschen im Lichte der neuesten Entwicklungen in der Wissenschaft und Technik. Und die haben es in sich.

Zur Geschichte und Gegenwart

Beleuchtung ist die Anwendung des Lichts, um Gegenstände und ihre Umgebung sichtbar zu machen. War diese Aufgabe einst eine eher nebensächliche Wirkung des Höhlenfeuers, so hat sie sich zu einem der größten Stromfresser weltweit entwickelt. Etwa 1.000 Großkraftwerke produzieren Strom für die Lichterzeugung. Der Anteil am Verbrauch hängt stark von der Industrialisierung des Landes ab (80 % bei Agrarländern, um 10% bei Industrieländern). In Deutschland wird bis zu 40% des Stroms, den ein Bürogebäude verbraucht, für die Beleuchtung eingesetzt. Was die anderen 60% verbraucht, wird kaum erforscht. Man darf aber annehmen, dass die modernen Monitore keinen zu geringen Anteil am Verbrauch haben.  So kann es in etwa hinkommen, dass in einem Bürogebäude etwa die Hälfte des verbrauchten Stroms in Licht umgewandelt wird, das mehr oder weniger direkt den Menschen trifft.
Was passiert damit? Früher würde man sagen, je mehr Licht, desto heller, je heller, desto schöner und gesünder. Deswegen sind alle Angaben in Normen zur Lichtmenge Mindestwerte.
Die Zeiten, die sind aber nicht mehr so. Man weiß heute wesentlich mehr, z.B.:
Ein blauer Anteil im Licht ist „circadian“ wirksam, was bedeutet, dass es die natürliche (Tages-)Rhythmik des Körpers beeinflusst. Man fragt sich aber, ob eine solche Beeinflussung erwünscht ist (s. weiter unten)
Ebenso wirksam ist das Fehlen eines blauen Anteils zu einem Zeitpunkt, zu dem der Körper eine Wirkung von Außen erwartet – meistens am Vormittag. Es kann sogar Schlafstörungen verursachen.
Erfolgen „circadian“ wirksame Einflüsse zur „Unzeit“, d.h., wenn der Körper sich eigentlich auf die Ruhezeit vorbereiten sollte, wird nicht nur der Tagesrhythmus des betreffenden Tages gestört, sondern bei dauerhafter Einwirkung entstehen auch langfristige Erkrankungen.
Maßnahmen, mit denen man die „Energieeffizienz“ von Gebäuden erhöhen möchte, entziehen dem Tageslicht lebenswichtige Teile der Strahlung stärker als früher, und würden zudem eine künstliche Beleuchtung bevorzugen, deren circadiane Wirkung, in der Zeit, in der sie sich positiv auswirken würde, eher verringert wird. Ein doppelter Beitrag zur biologischen Dunkelheit.

Licht zur Unzeit?

Solange es künstliches Licht gibt, solange versuchen Menschen, die Nacht zum Tage zu machen. Vor etwa 50 Jahren schien eine 24h-Arbeitswelt ohne Tageslicht beschlossene Sache. Die Denke der Zeit hat ein sehr bekannter Sehphysiologe so ausgedrückt: „Erst die Einführung der Leuchtstofflampen hat es ermöglicht, zwei alte Wünsche der Technik zu erfüllen, nämlich die Arbeit in fensterlosen und genau klimatisierten Räumen auf der einen Seite und die von der Tageszeit unabhängige kontinuierliche Maschinenarbeit auf der anderen Seite.” (Schober, 1961). Was Menschen von den genau klimatisierten Räumen halten, ist hinreichend bekannt. Aber was ist mit der „von der Tageszeit unabhängigen kontinuierlichen Maschinenarbeit“? Sie ist für mehr Menschen Realität geworden, als man einst hätte träumen können.
Hat die Wissenschaft um die Erforschung der circadianen Rhythmik, Chronobiologie, Recht, muss man den Traum erheblich korrigieren. Im Jahre 2007 hat die WHO (Weltgesundheitsorganisation) festgestellt, dass bestimmte Krebserkrankungen bei Berufsgruppen mit gestörter circadianer Rhythmik (namentlich Flugpersonal und Schichtpersonal) häufiger auftreten als bei anderen Menschen. Deswegen wurde die Nachtarbeit als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.
Als eine Ursache für diesen Umstand wird seit langem die Beleuchtung angesehen. In den USA existieren zahlreiche Forschungsarbeiten zum Thema „Licht in der Nacht“, deren Ergebnisse als Beweis dafür angesehen werden, dass nächtliches Licht den Melatoninspiegel im Blut senkt, und somit die Wirkungen dieses Hormons schwächt, wozu auch die Verhinderung von Krebsentstehung bzw. Verlangsamung des Wachstums von Tumoren gehört. Dass Licht und Krebs eine enge Beziehung zueinander haben, ist seit langem durch epidemiologische Studien bekannt. Es geht also eher um eine Wirkungsforschung denn Grundlagenforschung.
Die neuen Erkenntnisse müssen entsprechend umgesetzt werden, was leider nicht dadurch geschehen kann, dass man das künstliche Licht in der Nacht verbietet oder gleich die Nachtarbeit mit. Man kann aber durchaus realistische Schritte unternehmen, von denen man positive Wirkungen nicht nur vermuten kann:
Die Beleuchtung sollte je nach Tageszeit unterschiedlich betrieben wer-den, wenn nicht bereits unterschiedlich ausgelegt: Tagsüber sollte der obere Teil des Raumes möglichst hell ausgeleuchtet sein, weil die Empfänger, die die circadiane Rhythmik steuern, den oberen Halbraum stärker bewerten als den unteren. (Anm.: Im Projekt PLACAR wurden Lichtquellen entwickelt, die tageszeitlich unterschiedlich Licht abgeben.)
Hingegen sollte nachts die circadiane Wirkung möglichst gering gehalten werden. Dazu gehört, dass das Lichtniveau so weit abgesenkt wird, dass die erforderliche Sehleistung erbracht wird. Anders als in lichttechnischen Normen behauptet, brauchen Menschen i. A. keine vielen hundert Lux, um vernünftig arbeiten zu können. Der größte Teil käme mit wenigen Lux aus. Den ewigen Sommertag mit genau geregelter Temperatur und simuliertem „lichten“ Tag, wie er Licht- und Klimatechnikern vorschwebt, und das für 24 Stunden am Tag, braucht kein Mensch. Eher das Gegenteil – Wechsel, Veränderung und Stimulierung.
Zu verringerten circadianen Wirkung gehört auch, dass das Licht, auch das von den Monitoren, möglichst wenig Blau enthält. Dies erreicht man bei der Beleuchtung mit der Auswahl entsprechender Lampen, bei Monitoren durch die Einstellung der Farbtemperatur.

Die Energieeffizienz – die fast unendliche Geschichte

Die Geschichte der Energieeffizienz von Gebäuden hat nicht erst im 21. Jahrhundert begonnen, als die EU-Kommission eine entsprechende Gesetzgebung auf den Weg brachte. Sie ist so alt wie das Fensterglas und dessen Verwendung als Windfang. Licht schlucken sollte es hingegen nicht merklich. Bei der künstlichen elektrischen Beleuchtung kann man sie zurück verfolgen auf die Erfindung der Glühlampe. Bis heute gilt ein vornehmliches Bestreben des Lichtingenieurs der Erhöhung der Lichtausbeute der Lampe – mit den Worten einer wichtigen Politikerin in etwas gewandelten Form zu sprechen – mehr Licht aus Watt. Das Ergebnis ist keine reine Erfolgsstory.
Bereits die nicht mehr verwendete Form von Fensterglas, einscheibig, schnitt insbesondere das Ultraviolett (UV) aus dem Tageslicht so stark ab, dass der mangelnde UV-Anteil hauptsächliches Thema des vermutlich ersten Buches mit dem Titel „Licht und Gesundheit“ aus dem Jahre 1925 (!) gewesen ist. Das Thema wurde in der Lichttechnik geschickt umschifft, indem man UV zu Nicht-Licht erklärte. Die Lichttechnik beschäftigt sich mit sichtbarer Strahlung. Daher sind UV und IR (Infrarot) zwar beide lebenswichtig für den Menschen, aber eben kein Licht. Folge: Mitteleuropäer, so sie gesund leben, tanken im Sommer genügend Licht draußen, dass ihr Vitamin-D-Vorrat etwa bis Ende November reicht. Danach herrscht Mangel. Unter dem leiden auch im Sommer diejenigen, die sich fast ständig in geschlossenen Räumen halten. In Industriegesellschaften gibt es viele Menschen, die 90% ihrer Zeit dies tun (siehe Bild 1).

Kinder_in_GriechenlandBild 1 Beispiel für Verhalten gegenüber Tageslicht: Diese Jugendliche verbringen den größten Teil des Sonnentages auf einer ägäischen Insel in einem umgewidmeten Kinosaal mit Computerspielen.

Die moderne Verglasung von Gebäuden, dreifach mit IR-Filterung, verstärkt die Mangelwirtschaft in jeder Hinsicht. Sie schneidet das sichtbare Licht um die Hälfte ab. Derjenige Anteil des Tageslichts, der die circadiane Wirkung auslöst, wird noch stärker als das Licht insgesamt abgeschnitten. Von der UV-Strahlung kommt überhaupt nichts mehr in den Innenraum. Und als Novum wird jetzt auch noch der IR-Anteil fast vollständig abgeschnitten, damit der Wärmeeintrag durch die Sonneneinstrahlung gemindert wird.

Was da als Energieeffizienz realisiert wird, merken die Büropflanzen zuerst. Als Zyniker könnte man sich zwar heimlich freuen, dass der Beamtenpalme das Wachstum beschnitten wird, aber die Mitarbeiter, die sich, anders als Pflanzkübel, ins Freie begeben könnten, um mehr Strahlung zu tanken, tun dies nicht oder sie können sich das zeitlich nicht leisten. Eine Untersuchung eines Forschers der Charité in Berlin zu der „Lichtdosis“, die Berliner Studenten tagsüber abbekommen, hat erschreckende Zahlen ergeben. Schlussfolgerung: „Wir leben in biologischer Dunkelheit!“ (Kunz, 2011)

Der Glaube, in Innenräumen könne man gesundes Licht erzeugen, beruht zum einen darauf, dass man unter Licht etwas anderes verstehen will als gesunde Strahlung, und zum anderen darauf, dass die Fachleute für Beleuchtung ebenso wie die für Arbeitsmedizin über acht Jahrzehnte keine Ahnung davon hatten, was gesundes Licht ist, oder warum gerade das erzeugte Licht gesund sein soll. Dass sich deren Vorstellungen eher in ein geradezu „ungesundes“ Licht einmünden können, wurde unter „Licht zur Unzeit“ dargelegt.

Ein weiterer, sogar mit Abbildungen der Industrie illustrierbarer Aspekt, die Verteilung des Lichts zwischen unten und oben, ist ebenfalls ein Thema für die Energieeffizienz: In den für die Energieeffizienz von Gebäuden zuständigen Normen (DIN V 18599) ging man von einer Beleuchtung aus, die direkt von der Decke die Arbeitsebene beleuchtet. Dies erfolgte nicht etwa, weil sich die Normer geirrt hatten, sondern weil sie das, was in der Lichttechnik seit der Realisierung der „integrierten Decke“ – etwa 1970 – stets propagiert wurde, für richtig anerkannt hatten. Als etwa ab 1975 der Bildschirm ins Büro einzog, wurden sehr feinsinnige Betrachtungen angestellt, wo überhaupt eine Beleuchtung befinden dürfte (Bild 2)

Nixdorf BildBild 2 Problemzonen für die Beleuchtung am Bildschirmarbeitsplatz. Unproblematisch scheint nur der Bereich über dem vorderen Tischteil.

Übrig blieb die kleine Fläche über der Tastatur. Da eine direkt über der Tastatur angebrachte Beleuchtung eine Reflexblendung verursachen würde, wurden die Leuchten rechts und links davon angeordnet. Im Prinzip ist dies das Konzept der Beleuchtung, das in unzähligen Büchern, Artikeln oder gar Vorschriften beschrieben bzw. verfolgt wird. Sie wurde in DIN 5035-7 (1988) genormt.

Interessant ist ihre Entstehungsgeschichte. Sie wurde nach einer Laboruntersuchung als beste Lösung ermittelt. Ebenso interessant dürfte die Tatsache sein, dass ihre „Erfinder“ auch ihre Nachteile in einer Veröffentlichung herausgestellt haben, ohne dass jemand davon Notiz genommen hätte. Darunter konnte man allerdings die circadianen Wirkungen nicht finden. Sie waren zwar bekannt, aber nicht in der Lichttechnik. So sieht die aus heutiger Sicht „gesunde“ Beleuchtung ganz und gar anders aus als die BAP-Beleuchtung (Bild 3)

Siemens VersuchGesunde BeleuchtungBild 3 (oben) Untersuchungsanordnung aus der die BAP-Leuchte, die Basis von DIN 5035-7 entstanden ist (Hentschel, u.a. 1984) (unten) Helligkeitsverteilung in einem Raum mit „gesundem“ Licht (Lichtwissen 19, licht.de)

Anders sieht eine circadian wirksame Beleuchtung aus. Auch wer eine solche Wirkung für entbehrlich hält, muss zugeben, dass sie der menschlichen Wahrnehmung besser entspricht als die einst genormte, die den Arbeitsräumen einen Höhlenlook verpasst hatte. Nun versucht man in der Lichttechnik eine Norm durchzusetzen, die Neufassung von DIN EN 12464-1, die genau diesem Bild folgt. Sie spezifiziert Beleuchtungsstärken für Wände und Decken. An sich nichts Neues, die Beleuchtungen von alten Gebäuden haben diese ebenso erzeugt wie die Indirektbeleuchtung. Man hielt beide aber für Lichtverschwendung. Jetzt muss man damit fertig werden, dass Andere das glauben, was man propagiert hat.

Dass sich Beleuchtungen wie in Bild 3  (oben) dargestellt durchsetzen konnten, hat nichts damit zu tun, dass sie gut wären. Es liegt eher an dem Bewertungsmaßstab „Beleuchtungsstärke“ in der horizontalen Ebene, die als die „Arbeitsebene“ festgesetzt wurde. Bei dem Maßstab sind die „besten“ Leuchten scheinwerferartige Produkte, deren Licht sich auf diese Ebene konzentriert.  Früher – und mittlerweile auch heute – bevorzugte man andere Lichtverteilungen (Bild 4).

BlindenschuleBild 4 Leuchten, deren Licht den Raum ausleuchtet und nicht nur die horizontale Ebene.

LED – Der neue Stern am Himmel

LED bzw. die Leuchtdiode ist als Signallicht an Geräten seit fast 50 Jahren bekannt, als Lichtquelle hingegen nur seit einiger Zeit. Dass es lieber leuchtet als beleuchtet liegt daran, dass man für Beleuchtung weißes Licht braucht, in dem alle sichtbaren Wellenlängen angemessen vertreten sind. Eine LED kann als Laser aber nur eine Wellenlänge erzeugen, was sie als Signallicht besonders geeignet macht, als Leuchtmittel hingegen eher ungeeignet.

Man versucht die LED als Leuchtmittel tauglich zu machen, wie man es auch mit der Quecksilberentladung gemacht hat, die die Basis der meisten Lampen bildet, die in der Arbeitswelt benutzt werden. Hierzu muss man entweder Leuchtstoffe verwenden, die ein breites Spektrum erzeugen oder mehrere LEDs mit verschiedenen Farben bündeln.

Während die gesamte lichttechnische Industrie wie verzaubert an dieser Technik feilt, merkt der Laie deren Existenz erst, wenn er einen Monitor auseinander nimmt. Dessen Hintergrundbeleuchtung ist nicht selten auf LED-Basis aufgebaut. Eigentlich wäre dies kein Grund für Aufregung, wären da nicht einige (recht) neue Erkenntnisse, die zur Vorsicht mahnen:

  • Der Blauanteil des Lichts kann gegenüber üblichen Leuchtmitteln so hoch sein, dass man einen sog. „Blaulichtschaden“ zumindest vorsichtshalber einkalkulieren muss.
  • Eine Studie der französischen Behörde ANSES (Agentur für Nahrungs-, Umwelt- und Arbeitssicherheit) führte in Oktober 2010 zu einer Warnung vor LED-Beleuchtung. (Details unter www.anses.fr) Die Behörde führte u.a. aus: „Als Teil der Expertise hat ANSES mehrere Pionierprojekte zur Bewertung der Risiken dieser neuen Lichtsysteme auf der Basis der Europäischen Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung (in Deutschland „Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung“, Anm.d.Ü.) durchgeführt. Bestimmte Produkte fallen in höhere Risikogruppen als traditionelle Beleuchtungssysteme, die allgemein erhältlich sind.  In diesem Zusammenhang empfiehlt ANSES nur die Nutzung von LEDs mit ähnlichen Risikogruppen wie traditionelle Lichtsysteme in öffentlich zugänglichen Bereichen, während Systeme mit höheren Risiken nur in Arbeitsumgebungen eingesetzt werden sollten, wo die Umgebungsbedingungen den Schutz von Arbeitnehmern gewährleisten können. … Die Agentur empfiehlt auch einen Verzicht auf Lichtquellen mit einem starken Anteil an Blau in Orten, die Kinder aufsuchen.“
  • Die Hersteller haben auf die Studie mit deutlicher Verspätung reagiert und u.a. versprochen, die Produkte entsprechend zu kennzeichnen. Das hätten sie aber vor der Markteinführung tun müssen, weil die Kennzeichnung von Lasern nach Gefahrenklassen bereits seit langem Usus ist, wobei der Begriff Gefahrenklasse auch völlig ungefährliche Laser einschließt.
  • Die circadiane Wirkung von Computerbildschirmen mit LED-Beleuchtung ist offensichtlich so groß, dass man diese als ein besonderes Merkmal herausstellen kann. Ein Institut in Genf hat festgestellt, dass Monitore mit LED-Beleuchtung einen um zwei Drittel gesteigerten Blauanteil hätten. Dieser hat im Experiment ausgereicht, um die Hormonausschüttung um eine Stunde zu verzögern (Cajochen et al. 2011). Die Forscher finden, dass solche Monitore daher Müdigkeit vorbeugen. Der Auftraggeber dieses Projekts, ein Fraunhofer Institut, hat das „circadiane“ Display weltweit zum Patent angemeldet.

Auch ohne Fortsetzung dieser Aufzählung kann man deutlich erkennen, dass man mit einer Entscheidung über einen Bildschirm oder eine Beleuchtung  ein Stück Gesundheit mitbestimmt. Soll man ein circadianes Display, das die Menschen munter macht, auch in der Spätschicht einsetzen? Will man eine Arbeitsstätte in der Nachtschicht so hell beleuchten, wie man es schon immer versucht hat, oder eher so, dass der Körper seiner natürlichen Rhythmik folgt?
Recht eindeutige Antworten erhält man für die Tagessituation: Die Arbeitsumgebungen sind generell als zu dunkel gegenüber der Erwartung des Körpers einzustufen. Daher werden stimulierende Effekte wie die von dem genannten  Display erzeugten als akzeptabel angesehen. Hingegen warnen die Chronobiologen davor, die circadiane Rhythmik in der Spät- oder gar Nachtschicht künstlich beeinflussen zu wollen (Roenneberg, 2010). Genau das passiert aber auch mit Menschen, die gar keiner Schichtarbeit  nachgehen. Sie sitzen zu Hause vor Bildschirmen, die bis zu vier Mal heller sind als frühere Geräte, deren Farbe meistens so eingestellt ist, dass die Anzeige „brillant“ wirkt, und dazu eine Lichtfarbe hat, mit der man andernorts Doping ähnliche Wirkungen hervorzurufen versucht. Das Ergebnis ist, dass auch von der Schichtarbeit nicht betroffene Kreise in Deutschland ein „soziales jetlag“ aufweisen, das etwa zwei Stunden beträgt (Roenneberg, 2010), und unter manchen damit verbundenen Problemen leiden (Fettleibigkeit, Zigaretten- und Alkoholkonsum, Benutzung von Stimulanzien).

Eine alte Plage kehrt zurück – Flimmern vom Monitor

Das Fernsehzeitalter vererbte in den 1970er Jahren seine Bühne, den Bildschirm, an die Computertechnik. Und mit ihm auch eine seiner schlechtesten Eigenschaften, das Flimmern. Während man die Flimmerkiste im Wohnzimmer notfalls hat abschalten können, musste man über zwei Jahrzehnte mit flimmernden Bildschirmen arbeiten. Erst gute Grafikkarten haben dem Spuk ein Ende bereitet. Mit der LED-Beleuchtung ist er wieder da.

Wer sich einen Monitor mit LED-Hintergrundbeleuchtung direkt anschaut, ohne damit zu arbeiten, wird kein Flimmern sehen, weil die LED mit 250 Hz oder gar mehr arbeiten. Solche Frequenzen kann unser Auge nicht auflösen. Auch beim Lesen z.B. von Texten ist eine Flimmerempfindung unwahrscheinlich. Anders hingegen unter zwei Umständen:
a) Man blickt auf dem Bildschirm hin und her, wie man heute auf großen Monitoren mit mehreren Fenstern häufig tut.
b) Bei „gedimmten“ Monitoren wegen der Methode der Leuchtdichtereduzierung.
Da die meisten Hersteller eine hohe Leuchtdichte für werbewirksam halten, stellen sie Geräte her, deren Hintergrund bis 500 cd/m2 hell sein kann. Sehr viele Geräte liegen oberhalb von 300 cd/m2. Da dies für übliche Büroumgebungen zu hoch ist, müssen die Monitore gedimmt werden. Fast alle Hersteller arbeiten mit der sog. Pulsweitenmodulation, was so viel bedeutet wie, dass der Strom ständig an- und abgeschaltet wird. Während man bei einer Glühlampe keine Flimmerwirkung erleben wird, führen die viel schnelleren LEDs zu Flimmern. Das ist kein Wunder, denn die LED sind sehr schnelle Dioden.
Der Effekt ist nicht allgemein bekannt, und man wird selbst Fachleute behaupten hören, LEDs seien flimmerfrei. Nach unseren Studien an Arbeitsplätzen beschweren sich etwa 35 % der Benutzer über Flimmern, während dies bei den schlechtesten Bildschirmen der 1970er Jahre um etwa 10% gelegen hatte.
Ob die hohe Zahl der Beschwerden unter bestimmten Umständen noch höher gehen kann, muss hinterfragt werden. Dies wäre z.B. möglich, wenn ein Monitor mit LED-Hintergrundbeleuchtung unter einer Beleuchtung mit LED, beide gedimmt, betrieben werden. Der Spuk ist wieder da, und ist u.U. schlimmer. Da der Effekt nicht offensichtlich ist wie einst bei den Flimmerkisten, wird Abhilfe lange auf sich warten lassen. Sie ist nämlich teuer. Die Technik ist zwar vorhanden, und wird auch bei wenigen Geräten eingesetzt, von einem Problembewusstsein bei Herstellern kann man aber nicht sprechen.
Da das Problem eminent wichtig ist, sollte man sich tiefer gehend informieren (z.B. unter
http://www.energie-und-technik.de/smart-energy/artikel/76399/?trk=ibx oder

http://tinyurl.com/onue2hr

http://tinyurl.com/nw3u383

http://tinyurl.com/paa56jr

Was tun?

Abwarten, bis alles genau untersucht ist? Nicht ratsam, weil die angeführten Wirkungen da sind. Bestimmte Probleme, z.B. mangelnde Strahlung im Innenraum, braucht man eigentlich nicht weiter zu untersuchen. Man kann auch nicht darauf hoffen, dass der Arbeitgeber oder der Architekt eine Lösung findet. Hier hilft nur hinreichend langes Aufhalten unter natürlicher Strahlung.
Anders mit der künstlichen Beleuchtung und dem Display. Man kann beide so betreiben, dass negative Wirkungen minimiert werden. Wir müssen in Arbeitsstätten abends und nachts nicht den Tag nachbilden, um die Mitarbeiter munter zu machen. Und den munter machenden Bildschirm nachts finden nicht einmal dessen Erfinder so positiv. Den Umgang mit Licht lernen, 130 Jahre nach der Erfindung von Edison!

Literatur

ANSES Presseerklärung zu einem Forschungsbericht „Beleuchtung mit LEDs – Gesundheitsgefährdung denkbar“, 25. Oktober 2010
ANSES LED – light-emitting diodes – Health effects of lighting systems using light-emitting diodes (LEDs), 27.02.2013 (http://www.anses.fr/en/content/led-%E2%80%93-light-emitting-diodes, download 15. Juni 2014)
Cajochen, C.; Frey S. , Anders D., Späti J., Bues M., Pross A., Mager R, Wirz-Justice A., Stefani O.: Evening exposure to a light-emitting diodes (LED)-backlit computer screen affects circadian physiology and cognitive performance; Journal of Applied Physiology, Vol. 110 no. 1432-1438 DOI: 10.1152/japplphysiol.00165.2011
Hentschel, H.-J.; Roll, K.-F.; Leibig, J. et al: Anforderungen an eine zeitgerechte Beleuchtung, Licht, 6/1984 und 7/1984 , S. 462-467 und 494-497
Kunz, D.: Daytime Light, Nightime Sleep and Performance; 5. DIN Expertenforum – Wirkung des Lichts auf den Menschen, Beuth Berlin, S. 43 – 46; 2011
Poplawski, ME, Miller, NM Flicker in Solid-State Lighting: Measurement Techniques, and Proposed Reporting and Application Criteria , Proceedings of CIE Centenary Conference „Towards a New Century of Light“ 2013
Roenneberg, T. 4. Expertenforum „Wirkung des Lichts auf den Menschen“  am 15. Juni 2010 beim DIN 2010, S. 13 – 15
Schober, H.: Licht und Beleuchtung, in : Baader, W.; Lehmann, G. (Hrsg.): Handbuch der gesamtem Arbeitsmedizin, Band I, Arbeitsphysiologie, Berlin, München, Wien, 1961, S. 446

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