Licht und Standards
Licht und Standards
2012
Früher dachte ich, dass man Standards setzt, um sich eine bestimmte Qualität von was auch immer zu sichern. So hat man z.B. um eine saubere Umgebung zu sichern, einen Speinapf und ein Schild mit dem Inhalt installiert, auf dem zu lesen stand: „Speien verboten!“ Gesellschaftliche Standards haben vor langer Zeit beide, Speinapf und Verbotsschild, überflüssig gemacht. Sich einen blauen Dunst einzuziehen und die Umgebung mit Rauch, Asche und Kippen zu verschönern, blieb aber bis vor Kurzem Gebrauch, bis wieder neue Standards für klare Luft sorgten. Heute kann sich niemand mehr vorstellen, wie die Raucherabteile in Bahn und Bus ausgesehen haben. Natürlich gibt es auch viele geschriebene Standards, manche Leute meinen sogar, es gäbe zu viele. Wie dem auch sei, Standards, geschrieben oder ungeschrieben, regeln unsere Welt.
Zu solchen Standards gehören nicht Verfahren und Methoden, die z.B. die Psychologen benutzen, so man sie zu Standards krönt. Hierfür gibt es strenge, nachvollziehbare Regeln. Sie müssen z.B. wissenschaftlich fundiert sein. Und wissenschaftlich fundierte Tests müssen bestimmte Testgütekriterien erfüllen. Über die wacht das Testkuratorium der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen, eine Einrichtung zur Überwachung der Qualität psychologischer Verfahren. So müssen Tests validiert sein, d.h. sie müssen das ermitteln, was sie zu ermitteln vorgeben. Und das geht naturgemäß nur für bestimmte Gruppen von Menschen, auf die ein Test angewendet werden darf. Bei einem deutschen Intelligenztest würden nämlich fast alle Amerikaner unter der Debilitätsgrenze erscheinen, während mancher Deutscher im umgekehrten Fall noch schlimmer aussehen könnte, weil US-Amerikanische Tests kein Denglish kennen. Wer falschen Freunden* aufsitzt, kann dümmer erscheinen, als er ist.
Mit einem solchen Test, dem d2-Test von Rolf Brickenkamp, dem Autor eines bekannten Handbuchs psychologischer und pädagogischer Tests, wird seit etwa vier Jahren für blaues Licht geworben. Man setzte zu diesem Zweck Kinder in Hamburger Schulen unter blaues Licht und stellte fest, dass sie schlagartig intelligenter geworden waren. (Dazu gibt es in diesem Blog viele Einträge, auch vom 20.07.2012 und vom 21.07.2012). Lange vor den neuen Forschern hatte der TÜV das Potential dieses Tests entdeckt, und führte u.a. auch damit die Idiotentests durch. Das sind Tests, nach deren Ergebnis man seine verlorene Pappe wieder bekommt oder auch nicht. Wer genauere Angaben über den Test braucht, bekommt sie hier und da. Kein Wunder, dass der TÜV damit glücklich ist, der Test wurde ja in einem Institut vom TÜV Essen zur „Beurteilung der Kraftfahreignung“ entwickelt. Da diese nicht von der Tageszeit oder von anderen Umständen wie voller Bauch abhängt, misst der d2-Test ein Persönlichkeitsmerkmal. Abhängig ist er von der Sehkraft, deswegen sollen die Probanden Brille tragen, wenn sie diese auch sonst benötigen. Linkshänder - bestimmt nicht schlechtere Autofahrer - soll die Methode benachteiligen. Außerdem soll das Ergebnis von der Tagesform (z.B. Kopfschmerzen) abhängen.
Gegen all das ist nichts einzuwenden, steht in dem Handbuch des Verfahrens oder in seiner Kritik. Was mich aber wundert, dass man mit einem Test, das ein Persönlichkeitsmerkmal bestimmen helfen soll, welches auch immer, Lichtwirkungen misst. Hängt unsere Persönlichkeit davon ab, wie viel blaues Licht wir gerade abbekommen? Wenn dem so wäre, müsste man dem TÜV verbieten, diesen Test zur Messung der Kraftfahrteignung einzusetzen. Oder denen, die damit Grundschüler und deren Leistung vor und nach einer Bestrahlung messen, das Handwerk legen. Vor Allem solchen, die den Test für Schüler einsetzen, für deren Alter der Test nicht validiert ist.
Einen der „Forscher“, die mit dem d2-Test das blaue Wunder für eine andere Firma erforscht haben, habe ich vorgestern gefragt, warum um Gottes Willen er gerade diesen Test eingesetzt hat. Der meinte: „D2 ist Standard!“ Stimmt! Es fragt sich Standard wofür … Bestimmt nicht um Lichtwirkungen zu messen. Oder doch? Stimmt, dieser Test hängt von der Sehleistung ab, und diese von der Beleuchtung.
Jeder möge selbst urteilen, was die Forscher wirklich erforscht haben mögen. Hier ist ein Beispiel:
ZNL (TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen)
(Bitte die Adresse im Browser studieren. Zudem die Bildübersicht ansehen. Unten sind die Bilder aus einem Vortrag zusammen geschnitten wiedergegeben.)
Die Psychologen, die den Test durchgeführt haben, müssen es nicht unbedingt wissen. Den Unterschied der verglichenen Räume macht bestimmt nicht das Spektrum der Lampen aus, die eingesetzt worden sind. Man muss sich nur die Leuchtdichteverteilung an der Decke ansehen oder die Farben (diese bitte nur in Originalbildern vergleichen).
Man kommt nicht umhin, einzusehen, dass sich die Lichtforschung dem Standard aller Forscher nähert, der Einäugigkeit. Man untersucht eine Eigenschaft, die man im Visier hat, vergisst aber viele Randbedingungen, die man aus welchen Gründen immer verändert hat oder verändern musste. (s. dazu auch STANDARDS SCHAFFEN und EIN LUX REICHT NICHT.
* Falsche Freunde = false friends sind englische Wörter, die man für andere Begriffe hält. So kann ein Dom eine dome (Kuppel) haben, muss aber nicht. Wer sich für etwas engagiert, ist nicht engaged, es sei denn, das Engagement gilt der Gründung einer Familie. Am schlimmsten erwischt es die Freunde des gepflegten Denglish, die Fahrt mit fart übersetzen. Dann weiß der Gesprächspartner, mit wem er zu tun hat.
Standards Setzen - ohne Sinn und …
29.07.12
Wir sind, was wir denken. Alles was wir sind, entsteht mit unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken machen wir die Welt..
Buddha
auch mit Gedanken, die nichts taugen, verändert man die Welt
d. Blogg.