Licht und Gesundheit
Licht und Gesundheit
2011
Vorgestern machte jemand eine viel bedeutende Ankündigung: Man wolle die Intensität des „biologisch wirksamen“ Lichts präzise messen bzw. berechnen. Ein längst überfälliger Schritt!
Bekanntlich misst man die Intensität des Lichts in 500, Pardon, in Lux. Das ist die Abkürzung für photopische Lux. Es gibt natürlich auch skotopische Lux, womit man sich aber ungern beschäftigt, weil man dann nicht mehr mit der 500 umgehen kann. Skotopische Lux liegen bei 1 oder 0,1 oder halt irgendwo, wo es für den Vertrieb von lichttechnischen Firmen keinen Blumenpott zu gewinnen gibt.
Auch nichts gewinnen kann man, wenn man die Leistung von üblichen Leuchtmitteln bezüglich der biologischen Wirkung misst. Da sich diese an dem blauen Anteil des Lichts bemisst - und die Lichtmessgeräte da sehr unempfindlich und dazu ungenau sind - muss ein neuer Maßstab her. Der wird nicht photopisch, auch nicht skotopisch, sondern melanopische Lux heißen.
Wunderbar, wie die Sache mich an Psy-Lux erinnert. Die hatten Doktores mit den Namen Sommer und Herbst (ich weiß nicht mehr, ob auch ein Dr. Winter dabei war) erfunden. Sie hatten experimentell festgestellt, dass Menschen sehen können, wie viel Lux da vor ihren Augen durch den Äther fließt. Als ein Kollege von mir den Versuch nachstellen wollte, hat unser Professor sich die Versuchsanordnung angesehen. Sekunden später wäre er beinah an seinem Gelächter erstickt.
Die Doktores hatten an einem Ort in der Luft eines Raums die dort vorhandene Beleuchtungsstärke visuell prüfen lassen. Siehe da, wenn man die verdoppelt, sehen das die Leute, wenn man sie halbiert auch. Daraus wurde die Maßeinheit „Psy-Lux“ geboren. Die Sache, an der der Professor beinah gestorben wäre: Die Doktores hatten nicht gemerkt, dass die Probanden die Helligkeit der Wand beurteilt hatten, die im gleichen Maß wie die Beleuchtungsstärke am Ort der Bewertung auf und abgeht. Aber auch dem Professor war was entgangen, nämlich wieso die Doktores überhaupt auf die Idee mit dem Psy-Lux gekommen waren. Die hatten nämlich in „Licht“ gelesen, dass die Festlegungen über Beleuchtung nicht auf der Basis der Sehleistung getroffen werden dürfen. Sie müssen nach subjektiven Bewertungen festgelegt werden. Das hatte auch ein Professor veröffentlicht. Dass er nicht an der Uni war, sondern bei einem Lampenhersteller - geschenkt. Da nun diesem Professor die Zeit und die Mittel gefehlt hatten, um neue Versuche durchzuführen, hatte er die alten Versuche seit 1956 bis 1968 zusammen geschmissen - und sich einen Reim daraus gemacht. Logik: Bei allen Versuchen hatte man die Beleuchtungsstärke gemessen. Also? Daraus leite ich ab, wie viel Licht Menschen brauchen und schreibe dies in Normen. Dass alle Versuche mit dem gleichen Fehler behaftet waren wie der Versuch der beiden Doktores - auch geschenkt! Man hatte bei allen Versuchen diejenige Größe gemessen, die sie im Sinn hatten: Horizontalbeleuchtungsstärke auf dem Tisch. Die Räume waren aber wie die Tische sehr unterschiedlich, und auch die Mittel, mit denen man die ersehnte Größe veränderte. So hat man den Raumeindruck ermittelt, den man erzeugte. Und den Effekt auf die unsichtbare Größe zurückgeführt, mit der sie Licht verkaufen. Beim Vergleich von Äpfeln mit Birnen sind die beiden Objekte Obst. Bei der als Grundlage für Beleuchtungsnormen ermittelten Größe handelt es sich, wie ich fürchte, um K...
Warum mir das gerade vorgestern eingefallen ist? Lux in melanopisch soll die Wirkung im Sichtbaren beschreiben, und zwar dicht an der Grenze zu UV. Da UV aber für Lichttechniker kein Licht ist, wird mLux (nicht milli, sondern melanopisch) wohl ein Kunstgebilde bleiben. Damit kann man eventuell leben. Was aber, wenn niemand mehr die 500 anführt, so z.B. 500 mLux? Da werden sich viele Experten brüskiert fühlen, weil sie nicht mehr Experten sind.
Genau genommen, ist niemand mehr Experte. Deswegen hält man heute Symposien und Kongresse ab, um sich zu positionieren. Hoffentlich geht die Sache nicht so aus wie weiland mit dem echten Lux. Die Grundlage davon, die sog. V(λ)-Funktion, seit den 1920er Jahren ein Heiligtum in der Lichttechnik, wurde unlängst von einem deutsche Professor so schnöde dargestellt: „Diese Funktion ist kein Repräsentant irgendeines Wahrnehmungseffektes“.
Kein Kommentar! Was ist sie denn, die heilige Funktion?
Ein Lux reicht nicht
10.06.11
Alles, was nicht der Norm entspricht,
zwingt zum Nachdenken –
und das stört.
Else Pannek