Licht und Human Factors
Licht und Human Factors
2014
Vorgestern hatte ich mit Zahlen aus einem Buch belegt, wie es um die Beziehung von Lichttechnik und Ergonomie bzw. Human Factors steht (Tabelle wieder unten). Es steht nicht gut. Heute habe ich mir das Zahlenwerk noch einmal angesehen. Für die traditionelle Lichttechnik steht auch nicht so gut. Wie ich dazu komme?
Wenn hierzulande Experten über Licht reden, dauert es keine ganze Minute und einer sagt etwas von Lux, meistens gefolgt von einer Zahl, nämlich 500. Scheint eine Naturkonstante zu sein (mehr hier oder dort). Mit dieser Zahl wird die „Stärke“ der Beleuchtung charakterisiert, und deswegen heißt die Größe „Beleuchtungsstärke“. Zwar kann man die Stärke, d.h. die Intensität, der Beleuchtung ohne die Richtung des Lichts, woher es kommt oder wohin es fliegt, gar nicht charakterisieren, weil die Menge weniger wichtig ist als die Richtung. Dennoch hat sich unsere Fachwelt darauf geeinigt, aus einem Vektor einen Skalar zu machen, indem man die Richtung vorgibt. Licht kommt immer von oben - und geht nach unten. Da die Lichttechnik Jahrzehnte lang versucht hat die Natur nachzuahmen, muss diese Richtung etwas damit zu tun haben. Steht die Sonne bei uns nicht dauernd im Zenit? Leider nicht. Das tut sie in den Tropen, aber auch dort recht selten. An den Wendekreisen macht sie es gar nur einmal im Jahr, und das nur mittags.
Egal, deutsche Lichttechniker können nicht ohne! Was denkt wohl der Autor des analysierten Buches? Siehe da! Das Wort Leuchtdichte - d.h. dessen englische Version - ist das zweithäufigste Wort, wenn man von „the“ oder „of“ absieht. Man müsste eigentlich noch zwei oder drei Begriffe hinzu zählen, die in der Tabelle nicht enthalten sind, weil dazu die deutschen Pendants fehlen, z.B. „Lightness“ oder „Luminous exitance“. Dann käme „Leuchtdichte“ oder was die bedeuten soll, an die erste Stelle.
Ich bin bislang bei allen Gremien und Fachleuten abgeblitzt mit dem Anliegen, die Leuchtdichte als Maßstab für die Beleuchtung einzuführen. Die Idee ist weder neu noch von mir. Als sie in der Straßenbeleuchtung eingeführt wurde, war ich noch Student. Und mancher, bei dem ich abgeblitzt bin, hatte die Entscheidung mitgetragen oder gar mit herbeigeführt. So what?
Schlichte Erkenntnis: Wenn Du den herrschenden Interessen zuwider handelst, blitzt du ab. Oder der Blitz trifft dich. Etwas schwerer zu verstehen: Das herrschende Interesse betrifft auch mich, weil es meinen Beruf wahrscheinlich so nicht gegeben hätte, wenn man sich nicht einfache Regeln oder Größen ausgesucht hätte, die den Welthandel mit „Licht“ ermöglichen. Die Grundgröße ist Lumen (lm). Daran misst man z.B. ob man seine Energie sinnvoll eingesetzt hat oder nicht (lm/W ist wieder in aller Munde, s LED-Diskussion überall). Ob man die Lumen an der Decke vernünftig auf die Arbeitsplätze verteilt hat (lm/m2), liest man an der Beleuchtungsstärke (lx).
So weit, so gut. Dumm ist nur, dass nicht erst seit vorgestern fast unwichtig ist, wie viel Licht auf der Arbeitsfläche ankommt (s. hier oder dort oder vielleicht da). Das stets angeführte Argument der Sicherheit und des Arbeitsschutzes sollte man nach der Lektüre dieser Seite (hier) am besten auch vergessen. 1 lx (in Worten EIN) reicht. Dass die Sehleistung ziemlich egal ist, sofern es sich nicht um anspruchsvolle Sehaufgaben handelt, wusste man bereits 1960 (!). Deswegen suchte man in den 1970ern nach einem Kriterium für die Festlegung von Beleuchtungen und fand …? Das Erscheinungsbild der gebauten Umgebung. Und diese bestimmt bestimmt nicht die Beleuchtungsstärke, sondern die Verteilung von Leuchtdichten und Farben. Bestimmt!
Human Factors nochmal!
07.08.14
Die größte Entfernung im Universum ist die zwischen zwei Köpfen, die sich nicht verstehen.
im Augenblick unbekannter Filosof
… und wie misst man die?
d. Blogg