Licht und Wissenschaft
Licht und Wissenschaft
2014
… lacht. Wem angesichts der Qualität der Forschung auf dem Gebiet der Lichttechnik der Humor nicht vollends vergangen ist, könnte sich mal damit versuchen. Ich kann es leider nicht mehr, weil der gemeinte Autor vor Jahren offiziell beauftragt wurde, die Qualität der Forschung anderer zu begutachten. Aus seinem Gutachten weiß ich, dass er die Methodik und die Gepflogenheiten der Wissenschaft sehr präzise anzuwenden weiß. Warum nicht bei eigenen Studien?
Gemeint ist nicht James Randy, der ein berühmtes Experiment als Fälschung entlarvt hat. Randy, vom Beruf Zauberer, hatte einst seinen Beruf als Wissenschaft erlernt - und nicht als Kunst. Bei dem Experiment ging es immerhin um die Zukunft der Telekommunikation, für die man fortan keine Sender und Drähte benötigen würde, sondern einfach nur die eigenen Gehirnwellen (siehe hier, wer eher in English mag here). Man sollte unerreichbare U-Boote oder Kosmonauten über Telepathie erreichen können. Die US-Navy hatte für die erste Durchfahrt der Nautilus unter dem Nordpol ein Experiment ausgedacht, mit dem die Funktion von Telepathie nachgewiesen werden sollte. Es gelang! Randy sollte später die Validität der Ergebnisse prüfen. Das Ergebnis: Stimmt, dieser Versuch konnte nur gelingen!
So etwas muss den Auftraggebern einer anderen Studie vorgeschwebt haben, denen es daran gelegen war, nachzuweisen, dass bestimmte Regeln im deutschen Arbeitsschutz gegenstandslos sind. Nicht alle, aber eine bestimmte. (mehr hier). Es ging um Reflexionsgrade von Geräteoberflächen, die nicht zu hell und nicht zu dunkel sein sollen. Der Autor sollte nachweisen, dass sie weder zu hell noch zu dunkel sein können, weil man in der Praxis keine Wirkung feststellen kann. Zwar hatte bereits 1924 ein gewisser Leffingwell nachgewiesen, dass zu helle Tische blendeten und zu dunkle störten, aber bekanntlich sind Computer keine Tische. Für die gelten andere Gesetze - nämlich nur solche, die der Hersteller zulässt. Andere Gesetze gelten einfach nicht.
Wie stellt man aber so etwas an, ohne zu fälschen? Alles soll sauber ablaufen. Die ganz Dummen versuchen es mit einer logischen Argumentation. So kann man z.B. behaupten, dass 10.000 lx im Schlafzimmer nicht blenden können, weil die Sonne in der Natur 100.000 davon bringt. Obwohl solche Argumente wie Sand am Meer zu finden sind, macht ein guter Fachmann eine bessere Arbeit. So kann man Experimente so planen, dass sie immer das gewünschte Ergebnis bringen - s. oben das Nautilus-Experiment.
Die ganz Gewieften nutzen wenig beachtete Größen aus der Statistik. Das für die nächsten Jahre noch häufiger anzutreffende Experiment ist die Bestimmung der Lebensdauer von LEDs. Die beträgt bekanntlich 50.000 h. Keiner kümmert sich darum, wie sie bestimmt worden ist. Und die, die sich kümmern, erfahren es nicht. Eine einheitliche EU-Regelung bzw. Messmethode zur Ermittlung der Nennlebensdauer von LED-Lampen gab es bis September 2013 nicht, aber die genormte Zahl von 50.000.
Eine der beliebtesten Größen heißt „power“. Dahinter verbirgt sich die Fähigkeit einer benutzten Skala, zwischen zwei unterschiedlichen Objekten zu unterscheiden. Man stelle sich vor, dass man nachweisen soll, dass Menschen „rot“ nicht angenehmer finden als „grün“. Wenn ich die Streuung der Urteile auf meiner Beurteilungsskala kenne, kann ich rückwärts berechnen, wie viele Testpersonen ich benötige, um überhaupt eine signifikante Aussage zu treffen. Wenn man dann darunter bleibt, ist es bereits vor Beginn der Studie (ziemlich) sicher, dass den Menschen rot oder grün ziemlich schnuppe ist, oder Jacke wie Hose.
Anschließend muss man eine Größe finden, die in dem untersuchten Zusammenhang irgendwie Sinn macht - bei der hier gemeinten Studie ging es um Augenbelastung -, ergo nimmt man eine Größe, die ziemlich unempfindlich ist. Der Autor nahm dazu die Sehschärfe. Wie jeder Mensch weiß, braucht man zum Lesen eine bestimmte Sehschärfe. Hat man die nicht, braucht man eine Brille. Was liegt da näher als, dass man den Einfluss von Reflexionsgraden auf die Sehschärfe von Probanden untersucht?
Damit hat man die richtige Gewissheit, dass das Experiment gelingt. Für den Fall, dass irgendwelche Schlaumeier erzählen, die Sehschärfe sei doch ziemlich konstant, wenn man sie unter konstanten Bedingungen misst, braucht man eine zweite Größe. Und diese ist nach der gemeinten Studie das Verstehen von den Texten, die man auf dem Bildschirm liest. Wird dies durch die Farbe des Bildschirmrandes gestört? Könnte sein. Was aber über 100% sicher ist, dass niemand jemals das Gegenteil des erzielten Ergebnisses nachweisen können wird. Denn allein die Lesbarkeit von Texten zu ergründen, fällt so schwer, dass man in Experimenten mit Kunstwörtern arbeitet. Sobald man Wörter mit Sinngehalt präsentiert, bringt das Experiment immer das gleiche Ergebnis: Kein Unterschied. Wenn es dazu noch um das Verstehen von Inhalten geht, kann man das Experimentieren sein lassen. Hat man aber nicht, denn es ging ja um …
Ganz langsam zum Mitschreiben: In einem Experiment wird gezeigt, dass eine Vorschrift, die (sinngemäß) besagt, der Bildschirmrahmen darf nicht zu hell und auch nicht zu dunkel sein, abgeschafft werden kann, weil durch unterschiedliche Bildschirmrahmen weder die Sehschärfe gemindert wird noch das Verstehen von Texten, die man auf dem besagten Bildschirm liest.
Na, ja! Man könnte dies vielleicht noch als groben Unfug durchgehen lassen. Was ist aber damit: Die Testmethode war auch nicht in der Lage, einen Unterschied in der Lesbarkeit von Schriften unterschiedlicher Größe zu ermitteln. Was ja nicht so selten vorkommt, aber so?
Es geht darum, ob das Lesen (Genauigkeit) durch die Farbe des Bildschirmgehäuses beeinträchtigt wurde. Wie man sieht, macht die Farbe nichts aus. Nichts, egal wie groß die Schrift auf dem Bild ist.
Die untersuchten Schriften unterschieden sich wie auf diesem Bild:
Die experimentelle Methode war also nicht in der Lage, eine Wirkung der oben vergleichsweise dargestellten Schriftgrößen (echte Verhältnisse s. unten) aufzuzeigen. Ist es ein Wunder, dass die Wirkung der Farbe des Rahmens hat nicht aufgezeigt werden können? Nö, das war die Absicht.
Anm.: Da Schriften auf dem Bildschirm sehr unterschiedlich aussehen können, sollte man sich ein eigenes Bild machen:
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Das ist ein Text, eingestellt auf 6 Pkt. Schrifthöhe
Das ist ein Text, eingestellt auf 9 Pkt. Schrifthöhe
Das ist ein Text, eingestellt auf 12 Pkt. Schrifthöhe
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Der oberste und der unterste Text hatten die gleiche Wirkung! Die mittlere Zeile wurde zur Illustration eingefügt. Die Zeile, die wie Krümelkacke ausschaut, ist nach dieser Studie genauso gut wie die untere. Wann der Autor den Ig Nobel Award bekommt?
Bitte weiterlesen im Journal der unwiederholbaren Experimente.
Humor ist, wenn man trotzdem …
04.08.14
Die Wissenschaft ist eine Leidenschaft, die mit Wissen schafft, was Leiden schafft.
Anonymus
war kein Lichttechniker
Die Wissenschaft von heute ist der Irrtum von morgen.
d. Blogg
(nein: Baron von Uexküll)