Licht und SAP
Licht und SAP
2013
Als ich das neueste Heft von Mensch und Büro las, dachte ich, mich trifft der Schlag. Die Zukunft der Büros bei SAP wird durch eine sogenannte Voutenbeleuchtung erhellt. Die sieht so toll aus, weil die Lampen vor den Mitarbeitern versteckt werden. Vielmehr sieht sie gar nicht aus, denn man sieht keine Beleuchtung. Ein Grauen für jeden aufrichtigen Beleuchter. Wäre es gestern, würde die SAP bestimmt gegen die Lichtnormen verstoßen. Und das macht bekanntlich die Mitarbeiter krank.
Als wenn das nicht reicht, steht noch eine Wohnzimmerleuchte im Raum. Igitt! Das sind doch Lichttöter? Wie man es richtig macht, hat uns ein Ing. aus Österreich erklärt. Man nehme einen Bildschirm, der spiegelt, kippe ihn 20º nach hinten, damit er richtig spiegelt. Dann schneide man den Leuchten den Teil des Lichts ab, den sie gerne auf den Bildschirm geworfen hätten, aber nicht mehr dürfen. Fertig ist das Wunderwerk BAP wie Bildschirmarbeitsplatzleuchte. Kein Licht auf dem Bildschirm, keine Spiegelung.
Ich schätze mal, der Österreicher wurde bei uns aktiv, weil die Ösis viel zu klug sind, um Unsinn zu Ende zu hören. Dieser Österreicher hatte seine Idee einst als „dark light“ erfunden, so etwa anno 1969. Lange bevor die Linken den Marsch durch die Institutionen aufgerufen hatten, hatte er sich auf den Weg gemacht, eben den Marsch anzutreten. Mein Prof. erklärte uns Studenten, jeder flöge hochkant aus der Prüfung, wenn er von dark light spricht, Licht sei hell und es bliebe dabei. Bei ihm war also nichts zu holen. Ab zum Leiter der Leuchtenplanung der - damals - größten Firma. Die ist auch heute noch groß, aber nicht mehr in Sachen Licht (hier mehr).
Dieser und sein Vorstand witterten die Chance zum größten Scoop der Geschichte der Laternenmacherzunft: Ein neuer Name und ab geht die Post. Der Professor, der dark light nicht mochte, war gestorben. Nur noch ein Hindernis war aus dem Weg zu räumen, eine Weisheit im „Handbuch für Beleuchtung“. Die besagte, dass tiefstrahlende Leuchten nur für Sonderaufgaben einzusetzen seien. Zudem hieß es, „können nur direktstrahlende Leuchten eingesetzt werden, so sollten sie möglichst großflächig sein“. Ansonsten sollte man die Decke und die Wände mit einer Zusatzbeleuchtung aufhellen. Ach, was! Leute, die Leuchten kaufen bzw. einen Elektriker bestellen, um diese an die Decke zu schrauben, lesen nicht das Handbuch für Beleuchtung. Und Lichtplaner, die lesen, kann man mit einer Beleuchtungsnorm zur Räson bringen. Gesagt, getan! Und dass der Protagonist der direktstrahlenden Zukunft das Handbuch mitgeschrieben hatte? Geschenkt.
So etwa seit 1979 wehrt man sich gegen die tolle Erfindung. Man ist leider nicht alle. Zuerst fanden die Leuchte nur die Erfinder gut, der Rest der Gilde übte sich in Enthaltung. Bis er merkte, dass sich gut Geld machen ließ mit der Wunderleuchte. Und die Beleuchtungsnorm hatte ganzheitlich alle Probleme geregelt: Z.B. so „Anmerkung: Auch helle Oberbekleidung kann zu störenden Spiegelungen auf dem Bildschirm führen. …“ Nur das Feingerippte blieb von der Norm unbehelligt.
Als alles Jammern nicht half, musste ich die Notbremse ziehen und veröffentlichte einen Artikel, der die mittlerweile genormte Leuchte als Verstoß gegen den Arbeitsschutz auswies (hier zu lesen). Mittlerweile sind auch diejenigen von dessen Wahrheitsgehalt überzeugt, die mich damals am liebsten in die Geschlossene eingewiesen hätten.
Aber dass ein Unternehmen es wagt, den schlimmsten Albtraum des Lichtmenschen zur Zukunftsvision zu erklären? Indirektbeleuchtung? Igitt, ist langweilig und ermüdet. Dazu eine Wohnraumleuchte in einem Arbeitsraum? Kann nicht wahr sein. Ob die noch irgendwo Tischlampen versteckt halten? Ich weiß, dass sie es tun.
SAP war einst von Leuten gegründet worden, die ihrem Arbeitgeber, dem größten EDV-Monopolisten seiner Zeit, nicht gehorchen wollten. Das Ketzertum der Gründer hat sich wohl auf die neuere Generation übertragen. Den Feuertod müssen sie nicht befürchten. Ob die SAP-Mitarbeiter jetzt weiße Hemden tragen dürfen?
SAP macht seine Mitarbeiter krank
04.03.13
Eine zu späte Einsicht bringt Nachsicht.
Klaus Ender
Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Wenn er zu spät kommt, könnte er der letzte sein.
©d. Blogg