Licht und Standards
Licht und Standards
2014
Zu den beliebtesten Objekten der Kritik der Kreativen gehört die Normung. Bereits am Tag der Gründung von DIN im Jahre 1917 stand in der Zeitung zu lesen, dass die Standardisierung die Kreativität gefährde. Stand da nicht etwas vom Töten? Wie dem auch sei, falls die Vorstellung stimmt, muss die Kreativität irgendwann in den vergangenen 97 Jahren gestorben sein. Da nicht etwa DIN die technische Normung erfunden hat - da waren die Elektriker bereits 1895 ausgerückt, um Standards zu schaffen -, muss in der Elektrotechnik die Kreativität noch länger tot sein.
Die LED liefert ein glänzendes Beispiel dafür, wie nötig man Standardisierung hat, will man kreativ sein. Eigentlich könnten die Normer diesem Leuchtmittel ein Denkmal z.B. am DIN Platz in Berlin aufstellen. Ohne Normung keine Kreativität! Ich kann mittlerweile gut verstehen, warum man 1917 DIN gegründet hat - mitten im Niedergang des Reichs im ersten Großen Krieg - und z.B. den Fachnormenausschuss Lichttechnik mitten im zweiten Großen Krieg. Mitten im Untergang am Ende des 2. Weltkriegs, 1944, beschäftigte sich der FNL mit der Begriffsnormung (DIN 5039 Licht - Lampen - Leuchten). Die Norm heißt heute fast gleich: DIN 5039:1995-09: Licht, Lampen, Leuchten - Begriffe, Einteilung. Ein anderes Objekt, DIN 5040, Leuchten für Beleuchtungszwecke, lebt heute noch, in vier Teilen. Nur der Teil „Leuchten für Leuchtzwecke“, die auf Wunsch der Wehrmacht erstellt worden war, ist nicht mehr erhältlich, weil der Radar wohl besser ausleuchtet als der Flakscheinwerfer. (mehr zu lesen in Licht 7-8 2014, Ha-Jo Richter).
Genau solche Normen, die man selbst in höchster Not für wichtig hielt zu erstellen, fehlen der LED. Und damit jedem, der mit LED handeln, Beleuchtung planen oder betreiben möchte. Keine Sorge: Licht am Ende des Tunnels ist in Sicht: „Die neuen Standards für die photometrische Charakterisierung LED-basierter Lichtquellen sind auf einem guten Weg und sollten spätestens im nächsten Jahr veröffentlicht werden können. Für das Erstellen der noch notwendigen Hinweise zur Bestimmung der Messunsicherheit muss noch viel Zeit investiert werden, …“ steht in der letzten Ausgabe von Licht geschrieben.
Was bedeuten solche fein ausgefeilten Worte? LED fehlen Standards, die dringend benötigt werden. Sie werden erst in 2015 zu Papier gebracht werden. Wann sie „Standard“ werden, d.h. anerkannte Regeln der Technik, steht vorerst in den Sternen. Da derzeit Standards fehlen, die eine „photometrische Charakterisierung“ der LED regeln sollen, heißt das im Klartext, dass jeder jede Angabe auch frei erfinden kann. Was hatte noch Wout van Bommel* in seinem Vortrag „Lighting tomorrow: What’s hot and what’s not hot“ gesagt: LED ist Lügenlicht, glauben Sie keiner Angabe von Zahlen. Das war 2009. Fünf Jahre später ist es immer noch nicht so weit. Ich schätze mal, den LED-Machern fehlt die schöpferische Kultur zum Entwickeln einer Technologie. Auch wenn nicht jedem einleuchten mag, dass das Festlegen von Begriffen in einer Norm ein schöpferischer Akt sein soll.
*Prof. Wout van Bommel war u.a. Leiter von Philips' International Lighting Design and Application Centre (LiDAC)
LED-Standards auf einem guten Weg
21.08.14
Kreative Differenzen eignen sich hervorragend dazu,
im bestehenden Chaos erste zarte Ordnungsstrukturen zu erkennen.
Christa Schyboll
ist kein Philosoph
Kreativität erwächst aus Widrigkeiten
d. Blogg