Licht und Krebs
Licht und Krebs
2014
Heute fand ich etwas im Berliner Tagesspiegel, das mich Schmunzeln machte.
An sich nichts Lustiges, Brustkrebs ist eine moderne Geisel. Das Schmunzeln betrifft den Zeitraum, in dem eine wissenschaftliche Erkenntnis tatsächlich zu einer wird. Wenn man nämlich den Artikel durchliest, stellt man fest, dass sich die Forscher wie Forscher benehmen - nicht so forsch. Sie sagen, sie müssten noch weiter forschen. Als ich etwas ähnliches vor etwa 10 Jahren in einem Vortrag erwähnte, fragte das Publikum, warum denn die Sache nicht schnell geklärt wird, es ginge ja um Tod und Leben oder umgekehrt.
Ich erklärte die Geschichte damit, dass Forschung auf dem Gebiet der Medizin keine Schnellschüsse zulässt. Allerdings sagt dies nichts darüber aus, dass es medizinische Experten gibt, die super-schnell bestätigen, dass etwas der Gesundheit nicht schadet.
Die Geschichte mit Licht und Krebs ist so neu nicht. Als ich sie zum ersten mal hörte, war ich Student im zweiten Semester Lichttechnik. Der Herr, der den Verdacht vortrug, kam uns aber komisch vor, weil er von Studien mit juvenilen Erpeln erzählte. Das Licht habe deren Hodenwachstum verändert. Bis dato war uns nicht bewusst, dass Erpel Hoden hätten.
Damals wusste ich auch nicht, dass man in der Medizin keine Menschenversuche veranstalten darf, und deswegen auf Tiere mit geeigneten Eigenschaften ausweichen muss. Z.B. auf Schweine, deren Physiologie viele Gemeinsamkeiten mit der menschlichen hat. Das gilt wohl nicht in der Psychologie, die nehmen Affen stattdessen.
Da der alte Herr auch noch behauptete, ungeeignetes Licht würde Alzheimer auslösen, wurde die Sache brenzlig, zumal er sich nicht nehmen ließ, mit seinem Wissen vor den Bundestag zu ziehen und das Verbot bestimmter Lampen zu beantragen.
So etwas kann man als Lichttechnische Gesellschaft nicht auf sich sitzen lassen. So gab man den Auftrag an einen angesehenen Sehphysiologen, die angegriffene Lampe weiß zu waschen. Die Expertise wurde 1971 veröffentlicht. Zuvor hatte mein Doktorvater, der mit dem alten Herrn ein gutes Verhältnis hatte, mit ihm eine lange Korrespondenz geführt, um ihn zu überzeugen, dass nichts an seinen Behauptungen wäre.
Leider ist die Korrespondenz nicht mehr verfügbar, die damals zwei Leitz-Ordner füllte. Es lief darauf hinaus, dass er sein Modell, das er in den 1940er Jahren aufgestellt hatte, verteidigte.
In den 1980ern ging es in eine weitere Runde der Begutachtung. Der Nachfolger des Sehphysiologen und ein Professor für Arbeitsmedizin lehnten wieder alle Behauptungen ab. Das war 1981.
Nur wenig später entdeckte man, dass sich die circadiane Rhythmik des menschlichen Körpers durch künstliches Licht verstellen ließe. So ähnlich hatte unser alter Herr bereits in den 1940er Jahren argumentiert. Nur wollte man ihm nicht zuhören, weil er z.B. behauptete, das Spektrum des Lichts sei wichtig für den Menschen. Papperlapapp - stimmt nicht. Im Auge gibt es drei Rezeptoren, und die können das Spektrum nicht riechen. Nun haben aber später andere Forscher nachgewiesen, was hinter seinem „energetischen Anteil“ der Sehbahn steckt. Ein neuer Rezeptor. Und der kann was mit dem Spektrum anfangen.
Stimmen dann seine Behauptungen über die Krebswirkung? Auch er würde so etwas nicht behaupten. Mittlerweile stellt die eingangs angeführte Studie von Steven Hill nur eine von vielen Studien zur kanzerogenen Wirkung von Licht in der Nacht dar.
Wenn viele Forscher Übereinstimmendes zusammengetragen haben, warum behaupten sie nicht einfach, sie hätten die Ursache ermittelt? Die Sache ist einfach, aber nicht einfach zu verstehen: Die Methodik der Wissenschaft gibt das nicht her. Und Leute, die Behauptungen aufstellen, die ihre Methodik des Studium nicht hergeben, sind keine Wissenschaftler. Es sei denn, die Gutachter ihrer Arbeiten schlafen oder verbiegen die Regeln der Kunst.
Die Meinungsbildung ist anderen überlassen. Z.B. den Tageszeitungen.
Endlich in der Tageszeitung
28.07.14
Wir suchen die Wahrheit, finden wollen wir sie aber nur dort, wo es uns beliebt.!
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
So wie wir den verlorenen Groschen unter der Laterne suchen, weil es dort am hellsten ist?
d. Blogg