Licht und Irrtum
Licht und Irrtum
2014
In wenigen Stunden wird Deutschland vermutlich zum Fußball-Weltmeister in einem Stadion, dessen erste Beleuchtung ein gewisser A.W. geplant hatte. Genau diesem A.W. wurden ein Kollege und ich präsentiert als Doktoranden, die herausfinden sollten, ob das neue neumodische Farbfernsehen - es war noch nicht lange her, als Willy Brandt diese Ära in Deutschland eingeläutet hatte - mit seinen hohen Anforderungen an Licht nicht die Zuschauer aus den Stadien vertreiben würde. Das wäre fatal, weil damals das Fernsehen ganze 50.000 DM für eine Übertragung eines Spiels in voller Länge zahlte. Mein Job war es, die Probleme von Zuschauern und Spielern mit der Blendung zu untersuchen, während der Kollege Wege suchen sollte, die Beleuchtung zu optimieren.
A.W. war keiner, der ein Blatt vor den Mund nahm. Er erzählte mir, er habe doch die Maracanã beleuchtet. Was wir Greenhörner ihm so beibringen könnten? Na ja, von Blendung hatte er keine Ahnung, sagte er, aber von Optimieren von Anlagen. Unser Chef solle sich überlegen, ob mein Kollege nicht doch seine Zeit vergeudet. Schönen Gruß an den Herrn Professor.
Eine Freundschaft, die so anfängt, währt wohl nicht lange. Nicht mit A.W., wie man unschwer daran erkennen kann, dass ich mich noch gut an ihn erinnere. Tatsache war, er war einer der besten Experten auf dem Gebiet und hatte nicht nur die Maracanã beleuchtet. Und wir waren … - eben Greenhorns. Die Sache nahm einen unerwarteten Lauf. Zunächst für ihn. Wir schienen sehr gute Arbeit zu leisten. Auch Dank A.W.! Er unterstützte uns auf vielfältige Weise und hatte kein Interesse daran, mit seiner Meinung recht zu behalten.
Als wir dann erfolgreich nicht nur den Doktorhut verdient hatten, kam das Beste: A.W. erinnerte mich an seine Worte von einst und lachte sich scheckig - über sich selbst. „Stellen Sie sich vor, da kommt ein Experte und erzählt was von Greenhorns. Und dann kommen die und zeigen dem Experten, was eine Harke ist … „ Das war mehr als ein Lachanfall. Allerdings hat er auch sein dummes Geschwätz von gestern, wie er es nannte, ganz normal aufgenommen. Man kann sich eben irren.
Die Beleuchtung der Maracanã ist schon längst nicht mehr die, die er gebaut hatte. Das Farbfernsehen hat niemanden aus den Stadion vertrieben, der Fußball wurde durch das viele Licht nicht arm. Von A.W. lernte ich, wie man durch Irrtümer lernen kann. Ich denke, das ist mehr Erleuchtung als alle seine Flutlichtanlagen zusammen erbringen könnten. Wie finden wir mehr von seiner Sorte?
Ich beleuchtete Maracanã - und Du?
13.07.14
Nur männliche tüchtige Geister werden durch Erkennen eines Irrtums erhöht und gestärkt..
J.W.v.G.
Er war halt ein Macho
d. Blogg