Licht und Schlauheit
Licht und Schlauheit
2014
Keine Ahnung! Ich kenne nur den Spruch „Blau macht schlau“. In der Schule kannten wir die Sache in anderer Form „Sei schlau, mach´ blau!“ Seit es einigen „Forschern“ gelungen ist, mit unhaltbaren Methoden dem Rest der Welt weiszumachen, dass ein hoher Blauanteil im Licht Schüler schlauer machen soll, schwelgt die Presse in hohen Tönen von Lichtwirkungen wundersamer Art. Eigentlich müsste man die Forscher und die Berichterstatter dazu verdonnern, paar Tage unter Blaulicht zu arbeiten. Und dann die Zunahme an Schlauheit, Pardon, Intelligenz messen.
Wenn der Pfeil den Bogen verlassen hat, ist er schwer wieder einzuholen. Eigentlich arbeiten Forscher seit langem an den jetzt verballhornisierten Wirkungen des Lichts. Ein gewisser Hollwich, Professor für Augenheilkunde in der Stadt, aus dem gleich zwei erfolgreiche Krimireihen kommen (Tatort in der ARD und Wilsberg im ZDF), hatte bereits in den 1940er Jahren ermittelt, dass wichtige Körperfunktionen von dem Licht in der Umgebung beeinflusst wurden. Licht und Strahlung als Therapie war schon viel früher bekannt. Einen Bezug von Krebserkrankungen und Licht hatte man bereits in den 1950er Jahren vermutet. Dass viele Störungen des Menschen in der Arbeitswelt mit Licht zusammenhingen, hatte Hollwich in den 1960er Jahren mit der Leuchtstofflampe begründet.
Aktiv etwas mit Licht verbessern anstelle sich mit Störungen zu beschäftigen, das hatten die Forscher vor, die 1984 nachgewiesen hatten, dass man mit künstlichem Licht die circadiane Rhythmik beim Menschen verstellen kann. Damit wollte man die Schichtarbeit, insbesondere in der Kerntechnik „sicherer“ machen. Leider wären die Mittel zu brachial, man hätte 10.000 lx in die Augen knallen müssen, damit der Mitarbeiter noch morgens um 03:00 Uhr wach bleibt. Mittlerweile ist der „Bedarf“ an Licht, die Bestrahlten wach zu halten, drastisch gesunken. Man hat sich darauf geeinigt, dass „blau“ im Licht ausreicht, wundersame Wirkungen auszulösen. Allerdings glauben wie Protagonisten wohl selbst der Story nicht, was man deutlich aus ihren Versuchsanordnungen ablesen kann. Sie verändern nämlich die ganze Gestaltung der Beleuchtung, nennen aber später nur die Lichtfarbe als Ursache der von ihnen - angeblich - festgestellten Wirkungen. (links Ausgangssituation, rechts die Testanordnung).
Manche Wirkungen sind tatsächlich erklärungsbedürftig, denn sie beruhen angeblich auf der Melatoninunterdrückung, was man sich nachts gut vorstellen kann, sie treten aber tagsüber auf, wo im Blut kein Melatonin vorhanden ist.
Mich erinnert die ganze Sache fatal an die Äthertheorie. Diese wurde von hochrangigen Wissenschaftlern wie Huygens oder Newton hochgehalten. Der Äther (griech. αἰθήρ [„aithḗr“], der (blaue) Himmel‘) ist eine hypothetische Substanz, die im ausgehenden 17. Jahrhundert als Medium für die Ausbreitung von Licht postuliert wurde. Man konnte nämlich nicht erklären, warum sich Licht im Universum ausbreiten konnte, denn nach dem damaligen Wissen musste dafür Materie vorhanden sein. So erfand man einen Stoff, der vollkommen durchsichtig war, und elastischer als Stahl, aber die Planeten ungehindert ziehen ließ. Und Gewicht hatte diese Materie auch nicht. Trotz aller Rückschläge in der Erklärung verwarf Newton die Theorie nicht und schrieb lediglich „Denn was der Äther ist, weiß ich nicht.“. Der war doch der blaue Himmel!
Wir wissen nicht, was wir tun. Das aber mit höchster Präzision. Wer sich dafür interessiert, was die Medien daraus machen, kann sich hier und hier und hier und hier amüsieren. Wer die Sache ernst nimmt, kann meine Beiträge in Licht zu den DIN-Expertensymposien lesen, die jährlich stattgefunden haben, und von dort aus die Literatur der angeführten Experten suchen.
Was macht schlau?
24.04.14
Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein.
Albert Einstein
beredtes Schweigen…
d. Blogg