Licht und Rechnen
Licht und Rechnen
2014
Gestern prüfte ich zum x-ten Mal eine Lichtplanung für ein Büro. Eigentlich kann man sich die Prüfung schenken, weil das Ergebnis praktisch vorhersehbar ist. Denn die wichtigsten Randbedingungen sind „genormt“ bzw. standardisiert, auch wenn dies niemand so gewollt hat. So wird einem Büromenschen gerade so viel Raum zur Verfügung gestellt, dass er sich einigermaßen frei bewegen kann. Das sollte man allerdings nicht negativ sehen, da es für Arbeitnehmer nicht genug Fläche zum Bewegen gibt. Wenn der Arbeitgeber recht großzügig ist, sind es etwa 12 m2 pro Nase. Da die Beleuchtung nicht gleichmäßig verteilt ist, kann man überschlägig mit 9 m2 rechnen: macht 3 x 3 m. Da schafft man gerade zwei Leuchten drüber zu hängen, zumal auch die Achsmaße „genormt“ sind. (mehr im Blog Fluchtlicht)
In der guten alten Zeit, als die Leuchten mit T8- bzw. T16-Lampen bestückt waren, maß man so etwa 400 lx bis 600 lx an solchen Arbeitsplätzen. Häufig hat der Planer sogar etwas geschummelt, um seine heiligen 625 lx Neuwert zu erreichen. Wer mehr wollte, hing eine dritte Leuchtenreihe auf, die aber kurz nach Inbetriebnahme von den Mitarbeitern außer Gefecht gesetzt wurde. Notfalls durch Entfernen der Lampen.
Ausreißer gab es zu allen Zeiten. So bot die ziemlich trübste Neuanlage gerade mal 200 lx, während der Rekordhalter mehr als 1.000 lx schaffte. Der größte Teil war aber mit etwa 400 lx bis 600 lx beglückt.
In meiner Naivität dachte ich, dass die Bemühungen, die Beleuchtung der Bürohäuser einer Kontrolle zu unterwerfen, so nach EnEV, mit einer Abwärtsbewegung gekoppelt würde. Weit gefehlt. In den letzten drei Jahren habe ich nur noch Beleuchtungen zu Gesicht bekommen, die oberhalb 1.000 lx lagen. Der Rekordhalter war mit etwa 1.850 lx dabei. Uff! Das ist Sparen! So etwas kannte ich von der Planung der Olympiastätten in München. Dort hatte das Fernsehen 1.500 lx gefordert, eine großzügige Elektrofirma schlappe 4.000 lx installiert. Später knallten - nicht die Sektkorken - die Lampen öfter mal durch. Damals war aber die Technik noch recht primitiv, vor allem die Computerei lag in den Windeln. Aber heute?
Ob meine Beobachtung ganz zustimmt, will ich nicht behaupten. Mein Gefühl sagt mir, dass man bei standardisierten Randbedingungen durch den Wechsel der Lampentechnik einfach zu mehr Beleuchtungsstärke kommt. An und für sich kein Beinbruch. Mehr Beleuchtungsstärke hat noch niemandem geschadet, so seine Beleuchtung richtig ausgelegt ist.
Das ist der Knackpunkt. Das Mehr an Beleuchtungsstärke bei gleicher Anzahl von Leuchten und viel dünneren Lampen geht mit einer kräftigen Steigerung der Leuchtdichte einher. Wer daran zweifelt, sollte mal nachrechnen - aber nicht nach der üblichen Methode messen. Die Messung der Leuchtdichte erfolgt nämlich indirekt über die Lichtstärke und ergibt immer niedrigere Werte als der Störung entspricht. Die Folgen hatte ich in November unter dem Titel Fluchtlicht dargestellt. Die Beziehung zwischen Beleuchtungsstärke und leuchtender Fläche ist einfach: Doppelte Beleuchtungsstärke bei gleicher Fläche (z.B. alte Lampentypen) = doppelte Leuchtdichte; bei halbierter Fläche (z.B. neue Lampentypen, LED) = vierfache Leuchtdichte. Und bei der Berechnung von Blendung (UGR Index) geht die Leuchtdichte mit dem Quadrat ein.
Die erneute Begegnung mit den hohen Beleuchtungsstärken lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Wozu führt man eine Planung durch, wenn das Ergebnis feststeht? Und so gut wie nie den Vorgaben entspricht? Wie ernst nimmt man in Deutschland Gesetze?
Neben dieser rhetorischen Frage gibt es eine bitterernste: Die neue LED-Technik stopfen die Leute jetzt in die alten Leuchtenkästen, um ähnlich große Einheiten zu bekommen. So wird die Beleuchtungsstärke noch ein bisschen gesteigert, und die Blendung viel mehr als ein bisschen, weil diese Technik miserabel beherrscht ist. Die Misere ist hausgemacht, weil die Macher wissen können, was sie bewirken. Sie dürfen offenbar nicht wissen.
Rechenkünste und EnEV
25.01.14
"Und ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.“
Hamlet, Polonius
2. Akt, 2. Szene
Wenn es nur Methode hätte