Licht und Börse
Licht und Börse
2013
Dieser Tage spielt sich ein Drama ab, das sich für den Lichtinteressierten höchst spannend gestaltet: Nach 94 Jahren ist OSRAM eine freie Company. Früher war sie das auch, hieß aber Deutsche Gasglühlicht-Anstalt bzw. war ein Warenzeichen der gleichnamigen Firma. Deren Chef, Carl Freiherr Auer von Welsbach, war nicht nur der Schöpfer dieses Fantasienamens, sondern auch der Erfinder des Glühstrumpfs. Das ist nicht die Fussbedeckung von Graf Dracula bei Ansicht eines Kruzifix, sondern ein Objekt, das noch in Berlin etwa 40.000 Straßenlaternen zum Leuchten bringt. Dem Herrn reichte es nicht, vier chemische Elemente eigenhändig zu entdecken (Neodym, Praseodym, Ytterbium und Lutetium) und den Zündstein zu erfinden. Er sah in der Glühbirne die Zukunft. Und die ist nicht, was OSRAM alias Jupp H. kriegt, wenn er heute die Zeitung nach Nachrichten über Bayern blättert - und ständig Pep anstelle von Sepp vorfindet. Die Glühbirne wurde seiner Zeit mit einem Faden aus Osmium betrieben, dem keine lange Zukunft beschieden war, so nach von Auer. Wolfram sollte die Zukunft regieren. Ergo: OS - RAM. Kurz nach dem ersten großen Krieg, 1919, packten die Auergesellschaft, Siemens uns AEG ihre Lampenproduktion zusammen. OSRAM war geboren.
Als ich die Firma kennenlernte, war die Konstellation sehr ähnlich, aber die Konstitution der Firma miserabel. Als es zudem der Mutter AEG schlecht ging, packte die große Mutter Siemens die Wut, sie übernahm die Firma ganz und machte tabula rasa. In nur fünf Jahren wurde der marode Laden profitabel und vorzeigbar. Dennoch musste er sich mit einem Handicap herumschlagen: OSRAM durfte nur Leuchtmittel herstellen und keine Leuchten. Die Lichtabteilung wähnte sich Kerngeschäft. Nicht mehr sehr lange - im Jahre 1997 kam das Aus, Pardon, die Befreiung. Aus ihr wurde SITECO, und sie wurde nicht einmal, sondern gleich zwei Mal, an Heuschrecken verkauft. Am Ende landete sie 2011 bei OSRAM. Alles beim alten? Eher umgekehrt. Jetzt konnte OSRAM niemand mehr erzählen, was sie bauen durfte. Nicht ganz - jetzt erzählen die Elektroniker, was geht. Denn die Zeit von Glühbirnen ist ebenso abgelaufen wie die von Glüh-strümpfen. Die Zukunft heißt LED, und das heißt Elektronik.
Die Branche sieht ein Licht aufgehen. Die Mutter wohl nicht. Deswegen sollte OSRAM an die Börse, wie weiland die Bahn. Als die Sache nicht klappte, wurde ein Sonderfall erfunden: OSRAM wurde an die Besitzer verschenkt. Etwas seltsam, aber wahr. Man wollte nicht, dass der Markt entscheidet, was OSRAM wert ist. Jedenfalls nicht im ersten Schritt.
Jetzt gucken alle gespannt auf den Kurszettel. Was ist Licht unserer Gesellschaft wert? Wir werden sehen. (Das ist ausdrücklich keine Prognose. Wenn ich nur die geringste Ahnung hätte, würde ich so etwas wagen. Nach dem plötzlichen Tod des Stars der vergangenen Jahre, der Energiesparlampe, traue ich mich nicht mehr.)
OSRAM Kerzen - erfreuen alle Herzen!
OSRAM ist weg! Oder wieder da?
05.07.13
Zukunft ist gelernte Vergangenheit und überwundene Gegenwart.
Wolfgang Kownatka
Wer nicht in die Zukunft blickt, hat auch in der Gegenwart nichts zu suchen.
auch Wolfgang Kownatka