Licht und Scherz
Licht und Scherz
2013
Die Menschen gehen mit ihrer Geschichte nicht gerade einfühlsam um. Dass OSRAM zur deutschen Geschichte gehört … ist gut, da soll er auch hin. Heute wird er wahrscheinlich etwas erreichen, was vor ihm kaum einem Trainer gelungen sein dürfte: Titel im Champions League und in der Bundesliga holen, und auch noch den DFB-Pokal. Mir fällt im Moment kein anderer Trainer ein, dem das gelungen wäre. Er muss aber trotzdem weg!
Jupp Heinckes hat auch ein winziges Stück zur Beleuchtung von Stadien beigetragen, als er ein Fussballspieler war. Damals arbeitete ich an meiner Doktorarbeit, andere würden sagen, dokterte ich an der Arbeit herum. Ich wollte wissen, was die Fussballer von der Beleuchtung ihrer Stadien hielten. Er hat wie fast alle Spieler der ersten Liga meinen Fragebogen ausgefüllt und zurück geschickt. Sein damaliger Verein schenkte mir Jahreskarten, damit ich in seinem Stadion die Zuschauer befragen konnte. Wie weitere 16. Nur ein Verein hat sich beharrlich geweigert, auch nur auf meine Briefe zu antworten. Nicht einmal eine forsche Intervention des DFB-Präsidenten hat dazu geführt, das dieser Verein mir überhaupt geantwortet hat. Ausgerechnet für diesen Verein will OSRAM heute das Triple perfekt machen. Anschließend muss er weg. Der Verein will nicht von einem Opa trainiert werden, auch wenn dieser für die beste Zeit des Vereins steht.
Das Spiel wird in wenigen Stunden in einem Stadion bei mir um die Ecke angepfiffen werden. Unter einer Beleuchtung, die genau den Ergebnissen meiner Doktorarbeit entspricht. Dafür gab es sogar einen Architekturpreis. Ob der Architekt meine Arbeit gelesen hat? Unwahrscheinlich. Gelesen haben sie die oberen Etagen der Lichttechnik und schweigend weggelegt. Das Ergebnis passt nicht der Geschäftsidee. Die besagt, dass die Tribünen genau so hell beleuchtet werden müssen wie das Spielfeld. Sonst würden die armen Spieler beim Hin- und Hergucken ermüden. Umadaptationen sind ermüdend - hatte irgend ein unbekannter - was? Dichter oder so? - postuliert. Egal. Nach dieser Zombie-Idee - Zombies sind Wesen, die man nicht totschlagen kann - muss man etwa 5 Mal so viele Scheinwerfer installieren wie nach meinen Ergebnissen erforderlich und sinnvoll für alle Beteiligten: Beleuchtung von Tribünen blendet die Zuschauer und erschwert die Aufgabe der Spieler. Ergo: Nur das Spielfeld beleuchten. So macht man es beim Boxen und beim Billard und …
Was macht man mit einer solchen Idee? Am besten nichts. Gleichzeitig mit mir hat ein anderer Doktorand meines Professors nachgewiesen, wie man eine viel bessere Beleuchtung mit 20% weniger Scheinwerfern erzielen kann. Langsam zum mitschreiben: Einer behauptet, man solle nur 20% der Leuchten nehmen, und es werde besser Licht. Der nächste behauptet, davon wären noch einmal 20% entbehrlich, wenn man besser rechnet und plant. Was macht man damit? Auch nichts.* Solche Erkenntnisse gehören in den Karzer, weil geschäftsschädigend.
Vergeudete Steuergelder, die in zwei Doktorarbeiten geflossen sind, massenweise überflüssige Technik am Dach, Energieverschwendung … und auch noch gegen die Interessen aller Beteiligten! Ob OSRAM heute Abend an solche Dinge denkt? Bestimmt nicht. Ich hoffe, er genießt das Stadion, das durch sein neues Licht schöner geworden ist. Und danach seinen Ruhestand. Dann kriegt er nie mehr eine rote Birne und heißt auch nicht mehr OSRAM. Eine rote Birne müssten andere bekommen, wenn sie nach dem Übergang in den Ruhestand in aller Ruhe nachdenken, was sie im Leben geleistet haben. Bitte für eine Weisheit von Eugen Roth auf den Teufel klicken.
* Im vorliegenden Fall hat man allerdings weniger als nichts gemacht. Man initiierte eine weitere Dissertation, die der alten Vorstellung neues Leben einhauchen sollte. Der Doktorand erklomm später höchste Weihen. Bei seinem Abschied aus dem aktiven Arbeitsleben bezeichnete er das Problem, das seine Diss hätte lösen sollen, als eine Zukunftsaufgabe. Das aber ist eine andere Geschichte.
OSRAM muss weg!
01.06.13
Der Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange auf ihn freut.
Arthur Schnitzler
… erst recht in diesem Fall