Licht und Rückschritt
Licht und Rückschritt
2013
Wie nennt man es, wenn viele Leute, die unterschiedliche Charaktere haben, und viele Musikinstrumente spielen mit jeweils anderem Klang, dazu bringt, so zu spielen, dass es sich toll anhört? Man nennt es Konzert gemeinhin, es ist also allgemein das Zusammenklingen vokaler und instrumentaler Chöre gemeint. So etwas geht bei bestimmten Gruppen, z.B. bei den Berliner Philharmonikern, ganz von selbst, angeblich. Andere brauchen einen Dirigenten. Die Berliner Philharmoniker übrigens auch, nur nicht so bitter nötig.
Einem solchen Konzert kann man zur Zeit beiwohnen auf dem Gebiet der Lichttechnik. Das gespielte Stück hört auf den Namen LED. Wer die erste Geige spielt, lässt sich genauso wenig ausmachen wie bei Thrillern über Drogenhandel, bei denen nur die kleinen Fische gefangen werden. Ist auch nicht so wichtig. Hauptsache alles klingt harmonisch. So hat man z.B. die ansonsten allzu launische Presse dazu gebracht, die Eigenschaften der LED zu loben, die sie aufweisen wird, irgend wann mal in der Zukunft. Z.B. die tolle Farbwiedergabe. Ich schätze mal, dass die Damen und Herren von der (allgemeinen) Presse die Sache aus Firmenprospekten kennen und nicht aus eigener Erfahrung. Die kann nämlich so doll nicht sein.
Nun bleibt die Fachpresse. Was sagt die dazu? Leider gibt es auf diesem Gebiet keine Fachpresse, weil es das Gebiet nicht gibt. Nehmen wir an, das Gebiet hieße Lampenentwicklung, was derzeit bestimmt relevant wäre. Dort werden viele Ingenieure berichten, dass es viele Probleme gibt. Das ist normal, … selbst bei Produkten wie Reifen oder Kühlschränke, die wir nun viele Jahrzehnte kennen. Ingenieure berichten meistens über Probleme, weswegen man nicht jeden Ingenieur als Vertriebsmann beschäftigen kann. Manche schon. Sie können auch Marketing. Gibt es eine Fachpresse für Lampenentwicklungsmarketing? Wäre auch zu schön.
Man kann solche Betrachtungen beliebig fortsetzen, ohne eine bestimmte Fachpresse ausfindig machen zu können, deren Fokus dem jetzigen Entwicklungsstand von LED angemessen wäre: Baustelle. Bleibt also eins: Man muss alle nehmen, die irgendwie berichten könnten, und zum Konzertieren bringen. Da die professionelle Presse bestimmt nicht ausreicht, nimmt man auch Amateure hinzu und versucht, einen Dirigenten zu installieren. Amateure sind z.B. Leute, die Fachartikel schreiben, so für die bekannten berufständischen Organisationen auf dem Gebiet Licht & Lichtanwendung. Selbst Blogger ins Internet zu schicken, ist nicht verpönt. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Das angestimmte schöne Konzert hat bereits große Erfolge zu verzeichnen, z.B. glauben Arbeitsschützer in Deutschland, LED flimmern nicht. Angehörige anderer Berufsgruppen versuchen eine Methode zu finden, wonach die LED nicht blenden. Denen könnte ich eine mittlerweile arbeitslose Gruppe von „flicker lookern“ empfehlen, die einst der damalige Marktführer in Sachen Computer beschäftigte, besser gesagt der Welt-Markführer. Da dessen Bildschirme flimmerten, haben seine Wissenschaftler eine Methode ausgearbeitet, wonach keines dieser tollen Geräte flimmerte. Die Leute sind jetzt arbeitslos, weil der einstige Welt-Marktführer anderen Geschäften nachgeht, und die Produkte von Chinesen gebaut und verkauft werden. Auch in Sachen Blendung gibt es eine empfehlenswerte Gruppe Wissenschaftler in Großbritannien, die nachgewiesen hat, dass glänzende Bildschirme doch nicht glänzen. Warum sollen wir da zurückstehen?
Konzert - das war erst der Anfang. Später kam Concerto grosso dazu, bei dem eine Concertino genannte Instrumentalgruppe gegen ein größeres Orchester spielt. So eine habe ich ausgemacht. PNNL - Pacific Northwest National Laboratory, deren Spuren seit 1940 überall in der Geschichte der Technik und Wissenschaften der USA zu finden sind. Von dort stammt eine wissenschaftliche Abhandlung über Flimmern von LED. Und das hat eine völlig andere Qualität. Mit dieser kann die konventionelle Lichttechnik nicht umgehen.
Am besten liest es jeder Interessierte selber. Poplawski and Miller CIE Flicker Paper 2013 shorter-1.pdf. Info über deren Institution findet sich hier: http://www.pnnl.gov/.
Das Dumme an der Sache: Man sieht LED genauso wenig flimmern wie einst Leuchtstofflampen, von denen die Industrie schlappe 40 Jahre behauptete, sie könnten nicht flimmern, weil sie mit 100 Hz betrieben würden. Manche LED werden sogar viel höher getaktet als mit 100 Hz. Ergo? Auch sie könnten nicht flimmern, es sei denn, einer weist die Störung und deren Mechanismen nach. Und der Nachweis liegt bei LED erstaunlich schnell vor.
Und der Wirkungsweg ist ähnlich wie einst bei der LL-Lampe: Ein statisch guckendes Auge kann Frequenzen über etwa 47 Hz nicht wahrnehmen. Wahr. Nur gibt es statisch guckende Augen nur bei Toten. Das normale Auge liest in Sakkaden - das ist noch ähnlich wie beim statischen Gucken. Ansonsten bewegt es sich über den Raum oder über den Bildschirm. Dann kann auch 300 Hz flimmern. Bei LED erst recht, weil deren Licht trägheitslos moduliert werden kann.
Wo ich das her kenne? Aus dem Physikunterricht in der Schule. Damals hatte unser Lehrer Glimmlampen aufgestellt und uns gebeten, mit dem Kopf zu wackeln. Dann sah man die Sinusform der Welle des Stroms. Jetzt muss ein hochdekoriertes Staatslabor uns die Sache noch einmal unter die Augen reiben. Chapéu!
Auf wie vielen Augen darf man blind sein?
31.05.13
Es gibt keinen schlimmeren Blinden als den, der nicht sehen will.
aus Frankreich
… sieht jeder etwas, wenn er guckt?