Licht und Porno
Licht und Porno
2011
Was ist die unzüchtigste Darstellung, die sich ein deutscher Lichttechniker vorstellen kann? Sozusagen, eine pornographische Darstellung im Bereich des Lichts? Meines Erachtens ist sie die Abbildung von etwas, was sich Büromenschen sehnlichst wünschen - eine Tischleuchte. Wie denn das?
Viele „führende“ Lichttechniker behaupten, ohne mit der Wimper zu zucken, die sei verboten. Wer dies wohl verboten haben könnte? Egal. Verboten ist verboten! Eigentlich bin ich derjenige, der das Verbot ausgesprochen hat. Da müssten sie auf mich verweisen, wenn es um die Behauptung geht. Tun sie aber nicht, weil das, was darauf folgt, nicht in den Kram passt. Die Sache mit dem „Verbot“ kam so: Ich führte in den 1970er Jahren eine Reihe von Untersuchungen an Arbeitsplätzen mit Computern, damals noch Datensichtarbeitsplätze genannt, durch und stellte fest, dass die damaligen Tischleuchten alles mögliche taten, nur nicht vernünftig beleuchten. Am meisten hatte mir deren Wärmeabgabe angetan, weil damals nicht nur die Tischleuchten, sondern auch die Computer den Leuten schön einheizten. So empfahl ich der Berufsgenossenschaft, die Tischleuchten aus mehreren Gründen mit einem „Bann“ zu belegen. Man hat meinen Rat angenommen und als eine Sicherheitsregel empfohlen, solche Leuchten grundsätzlich nicht zu verwenden, weil …
Nur kurz danach kam jemand zu mir, der Leuchten baute, die keine der von mir festgestellten Nachteile aufwiesen, dafür eine Menge Vorteile. Seine und eine Reihe anderer Leuchten bekamen einen Freibrief von der BG. Sieht so ein Verbot aus? Natürlich nicht. Eigentlich wollten die Lichttechniker das ungeliebte Zeug aus einem anderen Grund loswerden. Man war damals der Meinung, alle Lampen in einem Raum müssten die gleiche Lichtfarbe haben, ansonsten würden die Augen der armen Bürobewohner total irritiert werden. Dazu kämen unerträgliche Leuchtdichteunterschiede dadurch, dass Tischleuchten im Allgemeinen nicht so heißen, weil sie den ganzen Tisch beleuchten, sondern lediglich auf dem genannten Objekt stehen und nur einen Teil davon beleuchten. Das ist auch der Sinn davon. Genau diese Unterschiede in der Leuchtdichte ermüden die Menschen. Sagt man …
Nun ist trotz intensivster Suche niemandem gelungen, einen Menschen zu finden, der an unterschiedlicher Lichtfarbe seiner Lampen zugrunde gegangen wäre, und das beschleunigt durch zu hohe Unterschiede in der Leuchtdichte in seiner Umgebung. Augenmediziner behaupten sogar, das wäre gut für die Menschen. Selbst welche, deren sonstige Weisheiten häufig zitiert werden. Dennoch lebt die Legende fort, deren eigentlicher Grund ein anderer war: Die Kompaktleuchtstofflampe harrte noch ihrer Erfindung, und mit den damals vorhandenen Stablampen ließen sich nur monströse Objekte gestalten, die keiner in seiner Umgebung haben will. Der damalige Marktführer hat es versucht … und ist grandios gescheitert.
Die bösen Dänen, bekannt durch sonstige unzüchtige Angebote, haben sich bei der Europäischen Normung für Beleuchtung eine Extrawurst braten lassen, die genau auf dem unzüchtigsten lichttechnischen Objekt beruht: Das dänische Gesetz schreibt vor, dass die Beleuchtung von dänischen Arbeitsplätzen nach der dänischen Norm DS 700 erfolgen muss, Und die besagt, dass man Anforderungen, die mehr als 300 lx am Arbeitsplatz erforderlich machen, nicht mit der Raumbeleuchtung, sondern mit einer Arbeitsplatzleuchte genügen muss. Die Dänen wollen das Klima retten, wir noch nicht. Unsere Lichttechniker haben sich die Mär ausgedacht, in Deutschland herrsche eine andere Arbeitskultur.
Die Sache steht als A-Abweichung in DIN EN 12464-1 von 2011 zu lesen. Und eine A-Abweichung bedeutet, dass die Gesetze eines Landes etwas anderes verlangen als die Beleuchtungsnorm. Bei uns gibt es so etwas wie eine B-Abweichung, eher BG-Abweichung, weil der Arbeitsschutz anders will, aber es nicht bis zu einem Gesetz geschafft hat. (s. Eintrag vom 26.06.2011) Dann hätten wir endlich eine gesetzliche Grundlage zum Verluxen von mehr Energie.
Zum Thema Arbeitskultur und Beleuchtung: man möge die Arbeitnehmer fragen, die unter der allgegenwärtigen Lichtsoße leben müssen. Auf die Antwort braucht man indes nicht zu warten. Man muss nur das Licht anmachen, wenn noch etwas Tageslicht da ist, und hören, wie die brüllen.
Unzüchtiges Gerät gesetzlich vorgeschrieben
28.09.11
Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
Albert Einstein
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont
d. Blog. frech geklaut bei Konrad A.