Licht und Qualität
Licht und Qualität
2011
Es ist raus: Für die Verbraucher spielt die Lichtqualität keine Rolle - hat eine Studie von Emnid fachkundig festgestellt: „Vier von fünf Deutschen unterstützen das Verbot der traditionellen Glühlampen ab dem 1. September: In einer am Dienstag veröffentlichten Emnid-Umfrage sagten 79 Prozent, sie fänden es richtig, im Sinne des Umweltschutzes auf effiziente Beleuchtung zu setzen. Beim Kauf suchen demnach zwei Drittel gezielt nach energiesparenden Lampen mit niedrigem Stromverbrauch. Das zweitwichtigste Kriterium ist demnach der Kaufpreis. Lichteigenschaft oder Form und Design der Lampe spielten eine untergeordnete Rolle, ergab die Befragung.“ Jedenfalls in der Meldung vor AFP, die vor genau 20 Stunden durch die Ticker lief. Wer noch richtig tickt, muss nicht einmal raten, wer die Studie in Auftrag gegeben haben könnte. Bestimmt nicht die Chemieindustrie - die gibt nur Studien in Auftrag, deren Ergebnis lautet: Die Verschmutzung des Rheins kommt nicht aus den Abwässern der Industrie, sondern von den Fischen, die tot im Rhein herum schwimmen. (geklaut bei Otto)
Der erste Kommentar zu der Meldung auf der Yahoo-Seite sagt: „Vier von fünf Deutschen hamstern traditionelle Glühbirnen, so wird ein Schuh draus.„
Ja, so isses! Den Verbrauchern ist es egal, dass der Sonntagsbraten unter der effizienten Ökofunzel wie Gammelfleisch aussieht. Hauptsache effizient. Wirklich? Warum essen die eigentlich einen Braten? Hat jemand ausgerechnet, was ein deutscher Schmorbraten für eine Verschwendung an Energie bedeutet? Nee, nich? Chinesisch essen würde schon an einem Sonntag mehr Energie sparen als die Glühlampe in einem Monat verbraten könnte. Ein Wok ist etwa 20 Mal so effizient wie ein Schmortopf. Oder 10 Mal? Oder 30 mal? Ich will nicht feilschen wie die, die die Effizienz von Lampen berechnen. Wer gerne Schweinebraten ist, wird eh nicht auf Chop Suey umsatteln. Und die gute deutsche Bratpfanne wird ewig Energie ins All schleudern - es sei denn, jemand missbraucht diese, um den Leuten, die dem Volk dumme Fragen stellen, eins überzubraten.
Aber das ultimative Sparwunder ist Sushi. Wird roh gegessen, nur der Reis muss gekocht werden.
Sushi essen könnte auch die Endlösung der Frage der Verschmutzung der Weltmeere durch Fische bedeuten. Nachdem wenige Völker der Erde 90% des weltweiten Fischbestandes von vor 50 Jahren flugs in Sushi und Hühnerfutter verwandelt haben, überlegen sich Meeresökologen, wie das Weltmeer ohne Fische aussehen könnte. Schön grün, hat man heraus gefunden. Algen überall.
Lassen wir die Esserei. Es gibt noch etwas, was man verbieten könnte, wenn Qualität keine Rolle spielt: Das Auto. Auf den Philippinen gibt es Vehikel, die mit einem Mofamotor bis zu acht Leute übereinander gestapelt bewegen. Die sind so energieeffizient, dass sogar die Tuktuks aus Thailand verboten werden müssten. Und bei jeder Steigung müssen die Acht aussteigen und schieben. Hilft gegen Fettleibigkeit.
Nehmen wir an, die Emnid-Studie hätte die Wahrheit ans Licht gefragt, sofern danach gefragt wurde. Hat man denn die Verbraucher auch gefragt, was sie davon halten, dass man ein ökologisch unbedenkliches Produkt durch eines mit einem der stärksten Umweltgifte ersetzt, ohne ein flächendeckendes Rücknahmesystem zu organisieren? Stiftung Warentest hat in April 2010 angegeben: „Laut Deutscher Umwelthilfe landeten 2007 rund 90 Prozent der privat genutzten Lampen im Hausmüll. Oft zerbrechen sie bei dieser Entsorgung, sodass Quecksilber in die Umwelt gelangt.“
2007 war 22 Jahre nach der Ankündigung des Sparwunders auf der Hannover Messe. Der hohe Herr, der es der Weltöffentlichkeit präsentierte, soll dabei gesagt haben: „Im Treppenhaus gern, bei Tisch bitte nicht!“ Sehr dumm, vom hohen Herrn, seine Firma gibt heute zerknirscht zu, dass die Lampen dort nichts zu suchen hätten, wo häufig ein- und ausgeschaltet wird. Sie brauchen sehr lange, bis sie ihre „Effizienz“ erreichen. Im Treppenhaus sind sie längst ausgeschaltet, wenn sie effizient strahlen. Zudem auch nicht sehr lange. Häufiges Umschalten vertragen sie nicht.
Also Lichter im Treppenhaus möglichst lange brennen lassen? Dann hat man effizient gestrahlt. Ein Treppenwitz, der morgen am 1. September 2011 seine nächste Phase erreicht. Auch die 60 W Glühlampe muss den Gang in die Geschichtsbücher antreten. Und wer die lesen will, wird künftig eine Energiesparlampe anknipsen müssen. Oder man spart gleich die gesamte Energie und lässt die Funzel kalt und dunkel. Solche Geschichten muss man nämlich nicht lesen.
Schon wieder Glühlampenverbot
31.08.11
Alle Macht
geht vom Volke aus!
Aber wo geht sie hin
Bert Brecht
Macht nix! Sie bleibt nicht beim Volke.
d. Blog.